Verhandlungen scheitern häufig noch bevor sie beginnen.
Dieser Satz ist mir in diesem Gespräch besonders hängen geblieben.
Matthias Schranner, Gründer des Schranner Negotiation Institute und Experte für Verhandlungsstrategien, erklärt, wie du dich optimal auf Verhandlungen vorbereitest, um deine Ziele zu erreichen.
Von Konfliktlösungen über die richtige Strategie bis hin zu den häufigsten Fehlern – diese Episode gibt dir die Werkzeuge an die Hand, die du für erfolgreiche Verhandlungen brauchst. Außerdem erfährst du, warum du nicht immer selbst verhandeln solltest und wie du die emotionale Kontrolle bewahrst, selbst in schwierigen Situationen.
Was du lernst:
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Kapitel:
(00:00:00) Was gilt als Verhandlung & welche No Gos gibt es?
(00:09:10) Selbstüberschätzung: Gefahr oder Chance?
(00:10:27) How to: Einen guten Rahmen für die Verhandlung setzen
(00:12:43) Wie du dich optimal vorbereitest
(00:18:56) Mythen: "Anker setzen" & "jederzeit bereit sein, die Verhandlung zu verlassen"
(00:22:00) How to: Einen kühlen Kopf bewahren
(00:27:18) Hacks, um eine Verhandlung positiv zu beeinflussen
(00:34:28) Woran merke ich, ob ich mein Ziel erreichen kann?
(00:36:12) Kann man Verhandeln üben?
(00:37:35) Wer sollte verhandeln?
(00:44:35) Kleine Kniffe, die die Verhandlung direkt angenehmer machen
Matthias Schranner:
[0:00] Du hast ja nicht wenig vorbereitet, wenn ich einsteigen darf.
Fabian Tausch:
[0:02] Ich habe mich gar nicht vorbereitet. Ja, das stimmt. Das stimmt. Den Punkt akzeptiere ich.
Matthias Schranner:
[0:06] Es ist so, dass die meisten Leute sich vorbereiten, natürlich nicht strategisch und nicht taktisch, sondern die bereiten sich vor, so nach dem Motto, wie viel Geld möchte ich haben für diesen Case. Und weil sie das vorbereitet haben, bereiten sie auch schon vor, was für die Gegenseite gut ist. Und das ist der Fehler. Weil ich dann mit einem Angebot in die Verhandlung einsteige. Und wer mit einem Angebot einsteigt, wird verlieren.
Fabian Tausch:
[0:26] Das heißt, ich muss mir nur Gedanken machen, was ich möchte, ohne drüber nachzudenken, was die Gegenseite möchte?
Matthias Schranner:
[0:31] Genau. Ich kann die Gegenseite nicht verstehen und ich kann auch nicht überlegen, was sie wirklich haben wollen. Das kann ich nicht wissen. Ich kann nicht wissen, wie weit die bereit sind zu gehen. Verhandeln ist ein Spiel und wir spielen nach den Regeln und wir genießen das Spiel. Und fast alle Leute, die ich kenne, die müssen verhandeln, aber die wollen nicht verhandeln. Und erst wenn man die Verhandlung als Spiel begreift, erst dann macht es Spaß.
Fabian Tausch:
[0:58] Ich glaube, da muss man auch so ein bisschen damit rächen, dass nicht alles immer nur Friede, Freude, Eierkuchen ist, sondern in der Verhandlung halt auch es klare Ziele gibt, die es zu erreichen gilt und die nicht immer perfekt zueinander passen.
Matthias Schranner:
[1:09] Und Achtung bitte, die gefährlichsten, in Anführungszeichen, Verhandlungsgegenüber der Welt, die sind ja nicht irgendwie laut oder aggressiv. Die sind super nett, super höflich, loben dich ständig und testen dich halt.
Fabian Tausch:
[1:21] Wann weiß ich, dass ich genug Informationen gesammelt habe?
Matthias Schranner:
[1:24] Du hast nie alle Informationen.
Fabian Tausch:
[1:29] Du und ich, wir verhandeln täglich. Ob wir wollen oder nicht und ob es uns auffällt oder nicht. Wir sind dauernd in Verhandlungssituationen mit Mitarbeitern, mit auch Partnern oder Freunden, wenn es darum geht, wo man vielleicht essen gehen will. Aber es gibt natürlich auch welche, die viel, viel wichtiger sind. Mit Investoren, im Verkauf, also Firmenverkauf, aber auch im Vertrieb. Und irgendwie spricht aber keiner drüber, dass wir als Gründer und Führungskräfte wirklich alle verhandeln lernen müssen. Und unabhängig voneinander haben mir Tim Stracke, der Gründer von Chrono24 und Benjamin Günther, der Gründer von Alasko und vorher Stylite, den heutigen Gast empfohlen. Und haben mir gesagt, du musst mit Matthias Schranner sprechen, wenn du über Verhandlungen sprechen willst. Und ich war so, ich will über Verhandlungen sprechen. Matthias, kannst du dir das vorstellen? Du wurdest von zwei unabhängigen Leuten, die ich sehr schätze, empfohlen. Und Matthias meinte, klar, lass uns das machen. Und wir haben heute mal darüber gesprochen in dieser Episode.
Fabian Tausch:
[2:22] Was sind so die Grundlagen für eine Verhandlung? Und was darf ich auf gar keinen Fall machen, wenn ich will, dass meine Verhandlung erfolgreich läuft? Und was sind Dinge, die ich auf jeden Fall tun sollte, wenn ich möchte, dass die Verhandlung das Ergebnis nimmt, was ich haben möchte? Und es sind echt Sachen dabei und ihr werdet es hören, wo ich mir denke, crazy, ich mache das vollkommen falsch. Also Matthias und ich haben festgestellt, dass ich keinen Plan von Verhandeln habe und in jede Verhandlung unvorbereitet reingegangen bin. So viel kann ich vorwegnehmen. Und es ist wirklich extrem hilfreich, extrem faszinierend. Wir werden in den nächsten Monaten nochmal eine Episode machen. Aber jetzt erstmal hier die absoluten Do's and Don'ts für Verhandlungen. Viel Spaß mit Matthias Schranner, der wahrscheinlich der absolut beste Verhandlungsexperte in DACH, wenn nicht Europa ist.
Fabian Tausch:
[3:08] Und deswegen, du hast Unicorn Bakery, mein Name ist Fabian Tausch. Viel Spaß bei allem rund ums Thema verhandeln. Matthias, herzlich willkommen bei Unicorn Bakery.
Matthias Schranner:
[3:19] Vielen Dank für dein Interesse an diesem spannenden Thema.
Fabian Tausch:
[3:22] Ja, ich meine am Ende, ich habe es im Intro dann schon gesagt und habe es auch dir gesagt, als wir das erste Mal gesprochen haben und ich dir geschrieben habe, als Benni von Alasko und auch Tim von Krono24 beide dieselbe Person für Verhandlungen angesprochen haben, war ich so, okay, ich glaube, da sollte ich mal nachbohren, dass wir mal drüber sprechen. Und diese Episode ist Teil von einem Zweierset quasi an Episoden und zwar so ein bisschen die Basis erstmal abzudecken. Wie gehe ich überhaupt in eine Verhandlung? Was muss ich vorbereiten? Was für Fehler kann ich machen? Was sollte ich beachten? Und in der zweiten Episode geht es um wirklich so dieses Szenario von, hey, Pistole auf der Brust. Ich habe Angst, dass die Verhandlung scheitert. Aber wie kriege ich es hin, dass ich trotzdem dadurch manage? Deswegen, lass uns mal ganz vorne beginnen. Was für Szenarien sind alles Verhandlungen? Weil ich bin mir sicher, dass viele sich nicht bewusst sind, wie häufig sie eigentlich verhandeln.
Matthias Schranner:
[4:16] Ganz genau. Die erste Frage ist tatsächlich, wann beginnt die Verhandlung? Und was ist eine Verhandlung? Weil viele den Startpunkt der Verhandlung gar nicht erkennen und sich dann so plötzlich in der Verhandlung wiederfinden und dann natürlich die ersten großen Fehler schon gemacht haben. Also eine Verhandlung ist eine klassische Konfliktlösung. Also du willst etwas von mir haben oder andersrum. Und wir sind in einer gegenseitigen Abhängigkeit. Also wenn du mich nicht brauchst und ich dich auch nicht brauche, dann habe ich ja Optionen, dann ist es mehr eine Diskussion, aber keine echte Verhandlung nach unserem Konzept. Und Verhandlungen werden dann schwierig, wenn ich mit meiner Person oder mit meiner Position, die ich vertrete, auch noch glaube, dass ich im Recht bin. Also dass meine Position richtig ist und deine Position dann natürlich falsch sein muss, dann wird es schwierig, weil ich dann sehr schnell natürlich auch in diese Emotionalität der Verhandlung komme.
Fabian Tausch:
[5:14] Und wann beginnt die Verhandlung? Also das ist ja dann trotzdem die große Frage.
Matthias Schranner:
[5:19] Genau, sobald der Konflikt sichtbar wird. Also sobald ich merke, dass du von mir etwas haben möchtest, was ich nicht hergeben möchte, Dann beginnt die Verhandlung.
Fabian Tausch:
[5:29] Das heißt, ein normales Gespräch zwischen dir und mir, hey Matthias, lass uns einen Podcast machen, und du bist erstmal sehr offen dafür, ist keine Verhandlung, weil es ist eher relativ einvernehmlich und man spricht drüber und sagt, okay, ja, das passt, dann geht es eher darum, macht man das in Berlin, macht man das remote, zu welchem Zeitpunkt macht man das? Und das ist dann vielleicht so ein bisschen eine Verhandlung. Aber es ist nicht dieser harte Konflikt und deswegen ist das eher keine klassische Verhandlung.
Matthias Schranner:
[5:55] Genau. Spannend wäre es, wenn ich sage, ich möchte jetzt 1000 Euro haben für diesen Podcast und du sagst, nö. Aber du mich vielleicht trotzdem brauchst für deine Serie, weil du vielleicht schon anderen Leuten das zugesichert hast. Dann wird es schwierig. Dann sind wir in der Verhandlung.
Fabian Tausch:
[6:11] Und wenn ich merke, so dieser Konflikt beginnt zu entstehen oder ich kann ihn identifizieren und merke, da wird irgendwas kommen, worüber wir sprechen müssen. Was sind Dinge, die ich auf gar keinen Fall tun sollte?
Matthias Schranner:
[6:22] Also die Verhandlung beginnt meist auch schon vorher, also eine Stufe vorher, dass ich mit mir selbst verhandle und mir überlege, ob die Verhandlung für mich sinnvoll ist. Es gibt Situationen, wo ich mir dann mit mir selbst verhandle, soll ich überhaupt in die Verhandlung gehen oder nicht. Und dieses mit sich selbst verhandeln ist schon eine große Gefahr, weil wenn ich mir dann die Argumente suche, dass ich in einer schlechten Position eigentlich bin und eigentlich gar nicht verhandeln müsste, dann vermeide ich sogar die Verhandlung. Dass ich überzeuge mich selbst, dass ich gar nicht verhandeln muss. Oder ich verhandle so stark mit mir selbst, dass ich so Angst kriege vor dieser Verhandlung, dass ich beim mit mir selbst verhandeln schon das Ziel kleiner mache.
Fabian Tausch:
[7:07] Also viele Menschen sind sehr in ihrem Kopf.
Matthias Schranner:
[7:09] Ganz stark. Und es gibt einfach Leute, die sehr ängstlich sind und die mit dieser Angst sich schon vorverhandeln. Also bevor sie am Verhandlungstisch sitzen, sich schon so eingeschränkt haben mit ihrem Bewegungsraum, dass sie am Tisch keine Möglichkeiten haben.
Fabian Tausch:
[7:24] Was wären die Fragen, die ich mir eher stellen sollte, als mich selber runter zu verhandeln? Was wäre proaktiv das Richtige, um mich zu fragen und dann auch wirklich vorbereitet und mit einer klaren Meinung in so eine Verhandlung gehen zu können?
Matthias Schranner:
[7:36] Also die erste Frage, die ich mir stellen muss, ist, was wäre ein wirklich gutes, brillantes, leuchtendes Ziel für mich? Also was wäre so der Leuchtturm, auf den ich mich zubewegen könnte? Dieses Ziel muss groß sein, muss auch ein bisschen unrealistisch sein. Also ich brauche etwas, wo es sich wirklich lohnt, dafür zu kämpfen. Das wäre das sogenannte Maximumziel. Also wenn ich das erreichen würde, das wäre gigantisch. Die zweite Zielsetzung ist das sogenannte Minimumziel. Also was muss ich mindestens erreichen, damit ich überhaupt einen Erfolg habe? Oder anders formuliert, das ist ein bisschen schwierig schon zu verstehen, wann wäre die Nicht-Einigung besser als die Einigung? Also wo ist diese Grenze, wo ich sage, okay, wenn ich mich dann nicht einige, ist es immer noch besser als die Einigung? Und diese zwei Ziele, Maximumziel, Minimumziel, muss ich vor der Verhandlung definieren.
Fabian Tausch:
[8:29] Wer hat eigentlich in Verhandlungen die stärkere Position? Also wie definiert sich die stärkere Position in so einer Verhandlung?
Matthias Schranner:
[8:38] Genauso wie du sagst, indem ich sie definiere. Und es gibt Leute, die sich einfach überschätzen, also glauben sie es in einer tollen Verhandlungsmacht, und es gibt Leute, die sich unterschätzen. Und es ist eine Schätzung, es ist eine persönliche Einstellung dazu. Es gibt keine App, wo man das berechnen kann, oder es gibt keine tatsächlich rationalen, nachvollziehbaren Gründen, die eine Verhandlungsposition tatsächlich definieren können, sondern es ist eine Einschätzung von dir. Und du könntest glauben, dass du in einer super tollen Position bist. Es könnte auch sein, dass du ohnmächtig bist, also ohne Macht bist. Und es ist eine persönliche Einschätzung, die vielleicht auch die Gegenseite bei dir schon motiviert hat.
Fabian Tausch:
[9:24] Das, wo es manchmal hilft, sich zu überschätzen, so wie es mich, wenn ich jetzt versuche, ein Ziel zu erreichen und ich bin selber irgendwie die Person, die dafür verantwortlich ist und so eine gewisse Selbstüberschätzung, die vielleicht so ein positives Momentum auslöst? Oder ist das in dem Fall extrem gefährlich, seine Situation falsch einzuschätzen?
Matthias Schranner:
[9:41] Naja, wenn du dich überschätzt und es keinem sagst, ist es ja gut. Schwierig wird es, wenn du dich überschätzt und allen sagst, was du erreichen möchtest und dadurch vielleicht eine bestimmte Erwartungshaltung auch setzt oder auch bestimmte rote Linien schon setzt, weil du dich überschätzt. Und dann führt es natürlich zum Gesichtsverlust, wenn du diese rote Linie nicht erreichen kannst. Also du darfst dich gerne überschätzen, aber du musst es ja keinem sagen.
Fabian Tausch:
[10:07] Wie beginne ich? Also wir haben gesagt, ich muss mit mir selber ausmachen. Was ist für mich das Maximalziel? Und dann vor allem auch verstehen, es gibt einen Konflikt, der gelöst werden möchte und muss da mit einer gewissen Meinung auch ankommen, dass ich weiß, was ich erreichen will. Maximalziel, wir haben gesagt, ein bisschen über dem, womit du eigentlich schon happy wärst. Und weil du brauchst wahrscheinlich dann auch so ein bisschen Spielraum. Aber wie leite ich so eine Verhandlung ein, dass ich den Rahmen setze? Weil du gerade gesagt hast, wenn ich mich überschätze, dann setze ich vielleicht rote Linien, die vielleicht nicht so hilfreich sind. Und was macht ein wirklich guter Rahmen aus für eine Verhandlung?
Matthias Schranner:
[10:47] Also optimal wäre, wenn du diese Vorbereitung nicht alleine machen würdest. Sondern wenn du für dich einfach mal so ein Ziel setzt, da möchte ich hin und das wäre eine Schmerzgrenze. Und dass du dir dann Leute dazuholst in der Vorbereitung der Verhandlungen, die dich challengen in dieser Definition des Ziels. Was wir einfach feststellen, dass die meisten Leute sich in ihrer eigenen kleinen Welt bewegen und keine Meinung von außen während dieser Vorbereitung zulassen.
Matthias Schranner:
[11:20] Oder, noch schlimmer, sie fragen nur die Leute, von denen sie schon wissen, dass sie die eigene Meinung unterstützen. Und das ist natürlich Quatsch, weil du natürlich jetzt schon in die falsche Richtung läufst. Das heißt ganz konkret, ich muss mir während der Vorbereitung, nachdem ich mein Ziel definiert habe, muss ich mir Leute dazuholen, die einer gegenteiligen Meinung sind. Also im Team Leute aussuchen, von denen ich weiß, das sind keine Yes-Men, die plappern mir nicht nach, sondern die challengen mich, um das Ziel noch größer zu machen. Die sagen dann, hey komm, du kannst doch viel mehr erwarten, stell das Ziel doch höher. Oder auch Leute, die dann sagen, die Schmerzgrenze ist noch nicht klar definiert. Und in unserer Beratung stellen wir einfach fest, dass über 90 Prozent unserer Kunden, die das Maximumziel zu klein angesetzt haben und ganz, ganz schlimm, diese Schmerzgrenze nicht definiert ist.
Matthias Schranner:
[12:15] Also dieses Ausstiegsszenario, wo ich dann sage, nee, dann macht es keinen Sinn, dann gehe ich raus aus der Verhandlung, dass diese Schmerzgrenze vor der Verhandlung definiert ist. Und jetzt werden die Leute, die zuhören, sagen, hey, Matthias, das ist doch logisch, weil ich habe doch so eine schwierige Verhandlung, so eine komplexe Verhandlung. Ich kann doch nicht jedes Teil der Verhandlung mit einem Preisschild versehen. Ich weiß doch noch gar nicht, wo die Schmerzgrenze ist. Ich muss erst mal gucken, was die Gegenseite sagt. Und das ist falsch. Ja, das kannst du vor der Verhandlung. Du musst dir einfach die Mühe machen und musst dir einfach sagen, was wäre es mir wert, einen Drei-Jahres-Vertrag statt einen Zwei-Jahres-Vertrag zu bekommen? Was wäre es mir wert, diese IP-Rechte für ganz Europa zu haben? Und diese Fragen musst du ja vor der Verhandlung klären. Ich muss für jede dieser Fragen ein Preisschild daran kleben, um somit dann die Ziele zu definieren.
Fabian Tausch:
[13:06] Was würdest du sagen, wie viel ist, also wenn wir mal das Zeitverhältnis, also die Zeit ins Verhältnis setzen zwischen Vorbereitung und der eigentlichen Verhandlung, ist es so, dass ich, wenn ich sage, es sind drei Verhandlungstage angesetzt, einfach nur als Beispiel, dass ich mich drei Tage darauf vorbereite oder bereite ich mich eher 30 Tage darauf vor?
Matthias Schranner:
[13:27] Die Frage ist, glaube ich, eine andere. Wie viel Prozent der Vorbereitung gebe ich auf die inhaltliche Vorbereitung? Also Excel, Sheets, Zahl, Daten, Fakten. Und wie viel Zeit vergebe ich tatsächlich für die strategische und taktische Vorbereitung? Und wir im deutschen Sprachraum, wir sind alle overprepared und nämlich von einer inhaltlichen Vorbereitung, aber nicht von einer strategischen und taktischen. Also wir brauchen 30 Tage, um alle Excel-Tabellen rauf und runter zu definieren und wir nehmen keine 10 Minuten, um uns zu überlegen, wie wir strategisch vorgehen. Also wir versuchen unsere Kunden dahingehend zu supporten, dass sie neben der inhaltlichen Vorbereitung, die natürlich wichtig ist, auch strategische und taktische Elemente vorbereiten.
Fabian Tausch:
[14:14] Lass uns mal, geh mir davon aus, wenn du sagst, okay, die Deutschen sind overprepared, was das Thema Excel-Tabellen betrifft und ich kann dir vorrechnen, wie viel Marge ich auf irgendwie hier habe und warum das jetzt vielleicht so aussieht und mein Szenario, wenn X eintritt und Y eintritt. Also, wenn wir uns Strategie angucken, selbst wenn ich selber jetzt darüber nachdenke, auch wenn das, ob das kleinere oder größere Verhandlungen sind, die bei mir andere Dimensionen haben als bei deinen Kunden, dann merke ich schon, dass ich selber mir eigentlich vorrangig überlege, ja, also gerade im Verkauf, wie viel Geld hätte ich gerne raus, was ist ungefähr die Marge und wie kriege ich das ungefähr hin und dann, ja, dann gehe ich da halt mal rein. Also es ist schon sehr, sehr wenig über Strategie nachgedacht. Jetzt hast du gesagt, eigentlich sollte ich alle verschiedenen Szenarien, so gut es geht, für mich schon mal definiert haben, dass ich alle Punkte kenne und dem entgegen gehen und da auch sehr proaktiv dann im Gespräch mitgehen kann, weil ich merke, ich bin vorbereitet.
Matthias Schranner:
[15:14] Du hast dich nicht wenig vorbereitet, wenn ich einsteigen darf?
Fabian Tausch:
[15:17] Ich habe mich gar nicht vorbereitet. Ja, das stimmt. Das stimmt. Den Punkt akzeptiere ich. Aber ich habe auch noch keine so unendlich wichtige Verhandlung gehabt, glaube ich. Aber trotzdem, wenn, weiß ich jetzt, wen ich anrufe. Aber ich würde fast denken, dass das viele haben, dass sie sich eigentlich gar nicht vorbereiten, weil sie sich dessen nicht bewusst sind, dass diese Vorarbeit so entscheidend ist, um aus einer, selbst wenn du so eine halbe Stunde Gespräch mit einem Mitarbeiter hast, der irgendwie, egal ob der eine Gehaltsverhandlung möchte oder ob der dir androht zu gehen, wenn irgendwas nicht passt, so wenn du dir vorher, also wenn du antizipieren kannst, worum es geht, dann kannst du dich natürlich vorbereiten und das hilft, weil jeder weiß, wenn man sich mal, selbst wenn man sich nur 20 Minuten mal Szenarien durchgedacht hat, hat man schon ein bisschen Klarheit, worauf es eigentlich ankommt. Und es soll so aus, ob du gerade schon direkt was...
Matthias Schranner:
[16:07] Einspruch, nee. Es ist sogar noch schlimmer. Es ist so, dass die meisten Leute sich vorbereiten, natürlich nicht strategisch und nicht taktisch, sondern die bereiten sich vor, so nach dem Motto, wie viel Geld möchte ich haben für diesen Case? Und weil sie das vorbereitet haben, bereiten sie auch schon vor, was für die Gegenseite gut ist. Und das ist der Fehler. Warum? Ja, weil ich dann mit einem Angebot in die Verhandlung einsteige. Und wer mit einem Angebot einsteigt, wird verlieren.
Fabian Tausch:
[16:37] Das heißt, ich muss mir nur Gedanken machen, was ich möchte, ohne darüber nachzudenken, was die Gegenseite möchte?
Matthias Schranner:
[16:43] Ganz genau.
Fabian Tausch:
[16:44] Weil ich nicht antizipieren kann, was die haben wollen würden?
Matthias Schranner:
[16:47] Weil du es nicht weißt und nicht wissen kannst. Und deswegen würde ich die Verhandlung mit sich selbst. Also ich überlege mir, was könnte für die Gegenseite okay sein. Und jetzt verhandle ich aber mit mir selbst und nicht mit der Gegenseite. Und jetzt mache ich alle Fehler, die ich machen kann. Weil alle Angst, die ich habe, alle Emotionen, die ich habe, packe ich jetzt in diese inhaltliche Vorbereitung rein. Und was fast alle falsch machen in unserem Kulturraum,
Matthias Schranner:
[17:11] Die steigen mit einem Angebot ein, sondern auf dem Motto, das ist echt gut für dich. Schau, was ich mal schon ausgedacht habe, das wäre doch was. Und jetzt komme ich zu dir und sage, ich hätte gerne 100 für dieses Paket. Und du sagst, nö, jetzt bin ich stinksauer auf dich, weil du mein top vorbereitetes Angebot, das aus meiner Sicht sogar noch fair ist und wirklich kooperativ gedacht ist. Und du Vollidiot nimmst das nicht an. Jetzt wird es emotional. Das heißt, ich darf nicht mit einem Angebot einsteigen, ich darf nicht vorbereiten, was für dich gut sein könnte, sondern ich muss einsteigen, indem ich für meine Punkte kämpfe, weil nur ich meine Punkte definieren kann. Ich kann die Gegenseite nicht verstehen und ich kann auch nicht überlegen, was sie wirklich haben wollen. Das kann ich nicht wissen. Ich kann nicht wissen, wie weit die bereit sind zu gehen. Ich weiß nicht, ob du 120 akzeptieren würdest oder 150 oder 200. Sondern ich weiß es nicht. Und ich kann es auch nicht wissen. Und deshalb ist die große Gefahr, dass ich in der Vorbereitung nicht bei mir bleibe, sondern schon mit vorbereite, was die Gegenseite vielleicht haben möchte oder könnte. Und jetzt wird es gefährlich, weil jetzt beginne ich zu raten. Und jetzt kommen Ratespiele, es war keine Vorbereitung.
Fabian Tausch:
[18:27] Das heißt, ich mache mir Gedanken, wofür will ich kämpfen? Dann beginnt die Verhandlung und es gibt versuche ich dann erst vorzutragen was ich möchte oder versuche ich erst mit Fragen auch herauszufinden was der anderen Partei wichtig ist ich.
Matthias Schranner:
[18:44] Kämpfe für mich und jetzt für die Gegenseite Am Anfang rede ich über Gemeinsamkeiten. Ich sage, wir beide haben doch das gleiche Ziel, wir möchten doch für beide Seiten das richtige Pricing-Modell definieren. Wir wollen doch beide langfristig zusammenarbeiten. Und was ich ganz besonders schätze in unserer Zusammenarbeit, war einfach, dass wir die letzten drei Jahre auch gemeinsam auch kritische Punkte einfach wirklich hoffen besprechen konnten. Und deshalb die Frage an dich, könntest du dir vorstellen, dass wir beim Drei-Jahres-Vertrag mit einem Start von 100 Euro für diesen Bereich loslegen könnten. Also ich sage ganz klar, was ich will, aber ein bisschen abgeschwächt, indem ich sage, ich möchte 100 Euro für drei Jahre. Das heißt, ich mache zwei Türen auf. Wir können über 100 Euro reden und wir können über drei Jahre reden. Also ich sage klar, was ich will und öffne schon die Tür für die Verhandlung.
Fabian Tausch:
[19:38] Ist das der sogenannte Anker, den ich schon setze? Wie man es irgendwie dann häufig liest, dass man einen Anker setzen muss und wer als erstes irgendwie, egal ob eine Preisvorstellung oder eben was anderes, was als Anker dienen kann, setzt, hat dann die Chance, die Verhandlung zu führen?
Matthias Schranner:
[19:56] Nee, ein Anker wäre vor der Verhandlung. Also Anker setzen ist dazu da, vor der Verhandlung schon bestimmte Richtungen zu definieren. Also es wäre zum Beispiel der Einkaufsleiter, der zwei Wochen vor der Verhandlung schon eine E-Mail schickt und sagt, aufgrund des internen Cost-Cutting-Programms erwarten wir ein klares Signal von einer signifikanten Preisreduzierung. Das wäre ein Anker. Also er versucht schon vor der Verhandlung, dich gedanklich in eine bestimmte Richtung zu drängen.
Fabian Tausch:
[20:28] Okay, ein Anker ist also nicht statt, also ich weiß irgendwas, könnte 100 kosten und ich sage, ich will 70 haben, sondern ich versuche das eher über ein psychologisches Spiel, diesen Anker zu setzen.
Matthias Schranner:
[20:39] Also genau darum geht es. Ein Verhandeln ist ein Spiel. Und wir spielen nach den Regeln und wir genießen das Spiel. Fast alle Leute, die ich kenne, die müssten verhandeln, aber die wollen nicht verhandeln. Also die sehen Verhandlungen als etwas, was man so tun muss, aber nicht als etwas, was so richtig Spaß machen kann, was so richtig spannend auch sein kann. Und erst wenn man die Verhandlungen als Spiel begreift, erst dann macht es Spaß.
Fabian Tausch:
[21:09] Es gibt einen Satz, den hat letztens Gero Decker von Signavio gesagt, den er auch nur zitiert hat und den wir alle schon mal gehört haben, ist, dass du, eigentlich in der Verhandlung immer bereit sein musst, vom Tisch aufzustehen und nur dann wirklich verhandeln kannst, wenn es auch das Szenario gibt, dass einfach nichts zustande kommt. Das hast du auch schon in Teilen angesprochen mit dem Szenario, wo die Schmerzgrenze ist, genauso wie den Best Case und eben beides zu definieren. Wie wichtig ist es im Kopf für sich beizubehalten, so hey, ich muss das nicht auf Teufel komm raus durchziehen. Also ich meine die Verhandlung durchziehen, jetzt nicht meine Schmerzgrenze.
Matthias Schranner:
[21:50] Diese Grenze muss gesetzt sein, das ist das Minimalziel der Verhandlung, die Schmerzgrenze, wie du das nennst, muss gesetzt sein. Und wenn ich die nicht erreiche, dann stehe ich auf. Achtung, es ist eine Grenze, die ich vor der Verhandlung rational definiert habe. Was ich nicht machen darf in einer Verhandlung, ich darf nicht emotional aufstehen. Also ich darf nicht aufstehen, weil es mich ärgert, weil ich enttäuscht bin, weil ich einfach verärgert bin über diesen Vollidioten auf der Gegenseite. Also ich darf nicht aufstehen, weil es aufgrund von Emotionen zu dieser Schmerzgrenze führt, sondern ich darf nur oder ich muss aufstehen, wenn ich diese rational besetzte Schmerzgrenze nicht erreiche. Achtung, dann ist es keine Niederlage, sondern eine Entscheidung. Und wir hören das ganz oft, dass Leute, oder dass man auch in der Presse liest, dass die Verhandlung gescheitert ist. Nein, das stimmt nicht, die ist nicht gescheitert, sondern die haben sich entschieden, dass ein Disagreement besser ist als ein Agreement.
Fabian Tausch:
[22:50] Wie schaffe ich es in Situationen, wo es schön wäre, rational zu sein, aber es leicht ist, emotional zu werden, mich selber im Griff zu behalten und auch daran zu erinnern, dass ich eigentlich rationale Ziele habe und mich nicht emotional zu sehr leiten lassen darf?
Matthias Schranner:
[23:07] Also ich schreibe einfach viel mit. Ich bin jemand, der immer einen Stift in der Hand hat, um mich immer wieder daran zu erinnern, warum ich eigentlich hier bin, also was mein Verhandlungsziel ist. Und du musst einfach wissen, wer du bist. Du musst wissen, welche Trigger bei dir funktionieren, damit du sie einfach schnell erkennst. Also jeder Mensch hat ja bestimmte Stärken und bestimmte Schwächen. Was wäre deine Stärke in der Verhandlung? Was denkst du?
Fabian Tausch:
[23:36] Meine persönliche?
Matthias Schranner:
[23:38] Also ich weiß eine, wenn ich es dir schon sagen darf.
Fabian Tausch:
[23:41] Ich hoffe gut zuhören und auch parallel, also ich weiß, was keine ist, haben wir vorhin schon entdeckt. Ich bin nicht gut vorbereitet. Ich glaube, ich könnte dir gerade mehr Schwächen als Stärken aufzählen. Dementsprechend sag mal, was du denkst.
Matthias Schranner:
[23:56] Also ich glaube, dass du jemand bist, der ehrlich ist, der Ehrlichkeit und Loyalität, Zuverlässigkeit sehr schätzt.
Fabian Tausch:
[24:06] Das stimmt, ja.
Matthias Schranner:
[24:09] Was muss ich dir jetzt sagen, damit du nicht emotional wirst? Dass ich deine Ehrlichkeit, deine Loyalität, deine Zuverlässigkeit sehr schätze. Was muss ich sagen, um dich emotional zu machen?
Fabian Tausch:
[24:21] Dass ich nicht sozial wäre, dass du das Gefühl hast, ich verheimlich dir was oder Ähnliches.
Matthias Schranner:
[24:25] Ganz genau. Und das muss man wissen. Du musst vor einer Verhandlung wissen, was sind deine Stärken und dadurch weißt du auch die Schwächen. Und es sind immer die zwei Seiten der Medaille. Und wenn du das mal weißt, dann erkennst du den Angriff. Also wenn ich dir jetzt dann vorwerfen würde, ich habe das Gefühl, du verheimnisst mir etwas, du bist nicht ehrlich, dann denkst du, kann man Matthias, nice try, sehr gut gespielt und du bist nicht mehr emotional dabei. Und das ist die Kunst der Emotionalität. Du musst dich einfach selbst gut kennen. Und alle Verhandlungsprofis kennen sich sehr gut. Die sind einfach selbstreflektiert und sehen den Angriff, wie er auf sie zurollt und können ihn dadurch noch managen. Nicht-Profis werden überrollt. Die ärgern sich dann, sind plötzlich enttäuscht und werden dann emotional und machen dann die Fehler.
Fabian Tausch:
[25:19] Es gibt mehrere Punkte, die wir ansprechen könnten. Aber warum will ich denn, dass die Gegenseite emotional wird?
Matthias Schranner:
[25:25] Ja, weil sie Fehler macht, die ich nutzen kann.
Fabian Tausch:
[25:28] Und jetzt würde man ja denken, jetzt kommt es natürlich sehr auf die Art der Verhandlung an, aber wenn wir jetzt über die sprechen, wo ich ja natürlich die Zusammenarbeit sehr schätze und so weiter, dann denke ich ja, ich will ja ein gemeinsames Ziel und alles ist, ich sag mal, sehr positiv und sehr nett und sehr an einem Strang ziehen, so stellt man sich das Idealszenario ja trotzdem vor. Und ich glaube, da muss man auch so ein bisschen damit berechen, dass nicht alles immer nur Friede, Freude, Eierkuchen ist, sondern in der Verhandlung halt auch es klare Ziele gibt, die es zu erreichen gilt und die nicht immer perfekt zueinander passen. Also müssen beide Seiten am Ende glücklich sein, wenn sie aus einer Verhandlung rausgehen.
Matthias Schranner:
[26:09] Nee, sie müssen das Gefühl haben, glücklich zu sein. Was das andere ist. Nee, also langsam, eins nach dem anderen. Wenn du eine super vertrauensvolle Beziehung zu deinem Gegenüber hast, dann kommst du ja nie in eine Verhandlung. Sondern dann sprichst du einfach drüber, was brauchst du, was brauche ich, wir reden drüber. Also nach den meisten Verhandlungsgrundsätzen, zum Beispiel, wer die Bücher vielleicht kennt, Getting to Yes, also dieses Harvard-Prinzip Win-Win, das wäre so, beide Seiten haben sich irgendwie lieb und versuchen da das beste Ergebnis zu kriegen. Ist aus meiner Sicht keine Verhandlung. Das ist einfach zu einfach, das kann ja jeder. Für mich ist eine Verhandlung eine Konfliktlösung. Also jemand stellt eine Forderung, die ich nicht erfüllen kann oder nicht erfüllen möchte.
Matthias Schranner:
[26:53] Und jetzt muss ich aufpassen, dass ich mich nicht reinziehen lasse in diesen Konflikt und emotional wäre. Und ja, wer emotional wird, macht halt Fehler. Also es gibt ja die zwei großen Richtungen. Es gibt ja die Angriffstypen und die Fluchtypen. Die Angriffstypen, die können nicht ruhig bleiben im Stress, wenn die emotional werden. Die kommen in diesen Aktionismus. Angriffstypen reden einfach zu viel und reden sich selbst im Kopf und Kragen. Das heißt, was ist mein Vorteil, wenn ich dich emotionalisiere? Du beginnst zu reden und bringst viel zu viele Informationen an den Tisch, die ich dann natürlich für mich nutzen kann. Was machen die Fluchtypen? Die Fluchtypen machen immer viel zu schnell Zugeständnisse, bieten viel zu schnell Kompromisse an, um sich dadurch aus dieser Situation heraus zu buxieren. Und das sind dann die großen Fehler, die ich für mich nutzen kann. Und Achtung bitte, die gefährlichsten, in Anführungszeichen, Verhandlungsgegenüber der Welt, die sind ja nicht irgendwie laut oder aggressiv. Die sind super nett, super höflich, loben dich ständig und testen dich halt. Und verhandeln ist testen, spielerisches Testen.
Fabian Tausch:
[28:11] Das heißt, sie versuchen dich eigentlich in die Situation zu bekommen, wo du mit dir selber verhandelst, weil du denkst, ha, eigentlich ist die Person ja super nett und ach komm, ich könnte ja doch noch Und ja, ist doch gar nicht so schlimm, wie ich es mir vorher ausgemalt habe.
Matthias Schranner:
[28:22] Ganz genau.
Fabian Tausch:
[28:23] Was sind Dinge, die ich auf jeden Fall oder die nicht so offensichtlich sind, die man häufig unterschätzt? Was sind die größten Hebel, um in der Verhandlung das Ergebnis positiv zu beeinflussen? Gibt es da Kniffe, wo ich drüber nachdenken kann und denke, so jetzt haben wir eine große Verhandlung. Wie bereite ich das mit vor? Woran sollte ich denken? Was sind die ersten Sachen, die dir einfallen?
Matthias Schranner:
[28:49] Also ich gehe immer positiv voran. Ich bin immer respektvoll. Verhandlungen scheitern nicht, weil ich eine zu hohe Forderung gestellt habe. Verhandlungen scheitern, wenn ich respektlos werde. Also ich bin immer respektvoll, ich bin immer höflich, ich bin immer sehr, sehr nett, charming. Ich rede immer von Gemeinsamkeiten, ich rede nie von Konflikt. Also ich sage nie Sätze wie, da sind wir weit auseinander. Oder da werden wir nicht zur Einigung kommen. Ich rede immer davon, dass wir uns einigen werden. Ich bin ständig im Lead, indem ich ständig den Frame bestimme. Also ich sage, wir haben drei Themen, die würde ich heute gerne mit dir besprechen. Wir haben eine Stunde Zeit. Also somit setze ich diesen Framework, um mich innerhalb dieses Frameworks dann bewegen zu können. Und ich stelle ständig Forderungen. Also ich sage, könnten wir über einen Drei-Jahres-Plan sprechen? Wäre es denn möglich? Und jetzt gehe ich ständig fordernd weiter. Also ich zwinge dich förmlich, dass du auf meine Forderungen dann auch Farbe bekennst und ich somit herausfinde, was dir wirklich wichtig ist. Weil nur durch das Fordern zwinge ich dich zur Stellungnahme.
Fabian Tausch:
[30:01] Das heißt, du sagst mir, du willst drei Jahre und 100 Euro. Das war das, was wir vorhin mal als Beispiel hatten. Ob wir jetzt von 100 Euro im Monat oder 100 Euro über die drei Jahre reden, ist jetzt erstmal vom Prinzip her egal. Und dann kann ich ja reagieren mit, ja, finde ich gut. Ja, Laufzeit ist okay, aber über das Budget müssen wir nochmal sprechen. Budget ist okay, Laufzeit nicht gut. Oder ich kann sagen, nee, passt mir nicht.
Matthias Schranner:
[30:25] Du hast drei Möglichkeiten. Du kannst sagen, ja, aber, nein, weil, oder das Schlimmste, du magst die Notizen.
Fabian Tausch:
[30:34] Warum sind Notizen das Schlimmste? Weil du sie nicht mitkriegst.
Matthias Schranner:
[30:38] Weil ich nicht weiß, was du denkst. Also wenn ich sage, ich möchte unbedingt drei Jahre, dann kannst du sagen, ja, aber dann müssten 1, 2, 3, 4, 5 mit dabei sein. Dann weiß ich, was dir wichtig ist. Wo du sagst, nein, das geht nicht, weil wir einen weltweiten Rahmenvertrag haben, an dem wir uns halten müssen. Dann weiß ich auch, was dir wichtig ist. Das Schlimmste für mich ist, wenn ich sage, ich brauche drei Jahre und du sagst, habe ich notiert. Das ist gar nichts. Ja, also deshalb, die besten Verhandlungsführer, die sind super nett und sagen halt nichts.
Fabian Tausch:
[31:16] Das heißt, ich will eigentlich wissen oder fordern und ich will aber so fordern, dass halt eigentlich nur für mich ein oder zwei oder drei Dinge besonders wichtig sind und den Rest bin ich bereit zu diesen Konditionen vielleicht aufzufüllen, wenn das dir wichtig ist. Also gut, es kann natürlich sein, dass du mir irgendwas sagst, wo ich sage, das kann ich auf gar keinen Fall machen. Dann muss ich sagen, wie reagiere ich, wenn du mir sagst, ja, aber und dieses aber sind Sachen, die ich auf gar keinen Fall damit reinbringen kann.
Matthias Schranner:
[31:44] Aufschreiben, notieren.
Fabian Tausch:
[31:47] Da muss ich selber ein bisschen lachen, weil es einfach so, aber will ich nicht in dieser Stunde zur Einigung kommen? Also will ich nicht auch dann irgendwie darauf eingehen und sagen, oder will ich das dann wieder mitnehmen und darüber nachdenken können? Also nein, ich versuche das wirklich ernsthaft so selber auch zu verstehen.
Matthias Schranner:
[32:00] Ja, also die meisten von euch, von den Leuten, die jetzt zuhören, ich arbeite ja nicht in einer Notfallklinik, wo ihr innerhalb von drei Minuten eine weltbewegende Entscheidung treffen müsst. Also man hat ja Zeit. Das heißt, du sagst jetzt, ja, aber dann bräuchten wir A, B und C dazu. Ich weiß, A, B und C geht nicht. Ich schreibe es jetzt erstmal auf. Dann sage ich, okay, könnten wir uns das vorstellen. Jetzt mache ich die nächste Tür auf. Wäre es denn möglich, dass wir über Europa sprechen und nicht nur über Deutschland? Ja, aber nein, weil. Und so treibe ich dich von mir her.
Fabian Tausch:
[32:38] Und da nehme ich erstmal alle Informationen mit, weil ich dann sagen kann, okay, das Szenario eins ist, wir machen nur Deutschland zu den und den Konditionen, weil da ist das wichtig. Wenn wir Europa hätten, dann das könnten die sich auch vorstellen. So kann ich dann die Szenarien ausmodellieren und kann sagen, der Best Case im nächsten Gespräch wäre dann der folgende, weil ich habe die Information.
Matthias Schranner:
[33:00] Ganz genau. Und jetzt sprichst du plötzlich im Konjunktiv.
Fabian Tausch:
[33:04] Du meinst, ich gehe rein und sage, wenn wir Europa machen würden, dann?
Matthias Schranner:
[33:10] Genau. Genau wie du jetzt gesprochen hast. Du hast jetzt im Konjunktiv gesprochen. Du hast gesagt, wir könnten, dann wäre das vielleicht eine Option. Also du bist am Testen durch den Konjunktiv, indem du immer sagst, naja, dann würden wir vier Jahre für Europa sprechen, dann wäre vielleicht auch ein Preis von 95 möglich. Also ich lege mich nicht fest, sondern ich teste. Verhandeln heißt testen, spielerisches Testen. Wenn ich sage, ich brauche drei Jahre, sonst stehe ich auf, dann wäre es eine Drohung, fernab vom Konjunktiv.
Fabian Tausch:
[33:44] Wann weiß ich, dass ich genug Informationen gesammelt habe?
Matthias Schranner:
[33:51] Du hast nie alle Informationen.
Fabian Tausch:
[33:54] Ich habe ja auch nach genug und nicht nach alle Informationen gefragt.
Matthias Schranner:
[33:58] Ja, also ich habe nie das Gefühl, dass ich alles weiß, was ich wissen müsste. Nie. Muss ich aber auch nicht. Die Frage ist, wann habe ich alle Informationen, die ich brauche, um das Minimalziel zu erreichen, um dann noch eins drauf zu satteln. Aber ich weiß nie alles. und Ich bin in jeder Verhandlung im Informationsdefizit. Und was das Blöde ist in der Verhandlung, sehr oft, du weißt es auch nicht. Also ich habe die Erfahrung gemacht, wenn man Menschen in einer Verhandlung zum Beispiel dann eine sogenannte offene Frage stellt, im Sinne von, was wäre Ihnen denn wichtig? Die wissen das oft gar nicht. Aber wenn ich eine Forderung stelle nach drei Jahren, dann hast du eben die Notwendigkeit, darüber nachzudenken und dann zu sagen, ja, aber oder nein, weil. Also diese offenen Fragen sind auch gefährlich, weil ich den anderen in eine Situation bringe, wo man total überfordert sein kann.
Fabian Tausch:
[35:02] Das heißt, mein Ziel muss sein, ich leite und führe durch, indem ich Forderungen stelle und die andere Person gar nicht so sehr darüber nachdenken lasse, was noch alles sein könnte und in die Bredouille bringe, dass die Person quasi sich selber outet, als, oh, ich bin nicht so perfekt vorbereitet, weil über die Frage habe ich nicht nachgedacht, sondern ich versuche all das mitzubringen, was mir wichtig ist und da Informationen zu sammeln, und zu verstehen, schaffe ich es, mein Minimalziel plus etwas mehr zu erreichen oder vielleicht sogar Richtung Maximalziel zu kommen.
Matthias Schranner:
[35:31] Wenn perfekt wäre. Ja, genau. Also was der Worst Case natürlich wäre, ich stelle eine offene Frage und bekomme eine Antwort, die ich nicht brauchen kann. Also ich frage dich, sag es doch bitte mal, was wäre Ihnen noch wichtig? Und dann sagst du, also ich sitze im Aufsichtsrat. Ich denke, nö, das will ich doch gar nicht. Also die offene Frage kann mich auch in eine Situation bringen, die ich gar nicht haben möchte. Deshalb sind offene Fragen so gefährlich. Deshalb darf man in einer Verhandlung keine Fragen stellen, sondern Forderungen vorbringen.
Fabian Tausch:
[36:04] Wenn ich, oder wann sollte ich das Gefühl haben, jetzt kann ich den Sack zumachen und ich kann mein Ziel erreichen?
Matthias Schranner:
[36:14] Also vereinfacht, also du kannst erst dann zustimmen, wenn die Gegenseite kurz vorm Abbruch ist. Erst dann hast du erreicht, was du wolltest.
Fabian Tausch:
[36:23] Das heißt, wenn ich dir irgendwas sage und das passt alles in meine Forderungen rein, aber ich habe das Gefühl, für dich ist das noch ein zu einfacher Deal, muss ich weiter pushen, um da mehr rauszuholen?
Matthias Schranner:
[36:34] Ganz genau.
Fabian Tausch:
[36:35] Für all diejenigen, die eher so in diesem Fluchtmodus sind, ganz, ganz schwierig. Die alle denken würden so, boah, ich bin doch froh, dass ich überhaupt das bekomme, was ich haben will.
Matthias Schranner:
[36:45] Ja, also... Ich werde oft gefragt, Mensch, Herr Schranner, Ihre Verhandlungsmethode und so, ist das schon sehr aggressiv oder so. Die sagen dann, Herr Schranner, ich erreiche immer meine Ziele. Dann sage ich halt auch, dann war das Ziel zu niedrig. Also wenn ich immer ohne großen Konflikte durchkomme, dann habe ich einfach zu wenig verlangt, zu wenig gefordert. Und ja, ich muss eine Verhandlung tatsächlich so weit treiben, bis ich das Gefühl habe, ich habe das wirklich das Beste rausgeholt. Und das habe ich erst, wenn die Gegenseite aufsteht, umgeht.
Fabian Tausch:
[37:23] Und die würde mir das dann sagen, in dem Sinne von, hey, das geht gar nicht, dann kann ich auf gar keinen Fall weiter verhandeln?
Matthias Schranner:
[37:30] Nee, erst wenn Sie aufstehen.
Fabian Tausch:
[37:32] Sie müssen aufstehen?
Matthias Schranner:
[37:33] Ich muss aufstehen.
Fabian Tausch:
[37:34] Und wie kriege ich die dann zurück an den Tisch?
Matthias Schranner:
[37:37] Indem du sagst, vielen Dank. Und dann wieder einlängst.
Fabian Tausch:
[37:41] Aber erst dann. Ich sehe, du stehst auf. Und dann sage ich, ja, okay, vielen Dank. Über den Punkt können wir doch nochmal reden. So ungefähr. Also man muss schon, also du könntest auch den Elfmeter im WM-Finale schießen, glaube ich. So von der mentalen Stärke her am Ende.
Matthias Schranner:
[38:00] Mental schon, technisch, ne.
Fabian Tausch:
[38:02] Da musst du ja schon gut, würdest du sagen, also Verhandlung ist wahrscheinlich größtenteils auch Training, wo du einfach sagst, okay, das kann ich, aber kann ich das in einer Trockenübung so gut üben, dass ich dann in einer wirklichen Verhandlung das habe oder muss ich das über echte Verhandlungen lernen?
Matthias Schranner:
[38:19] Über echte Verhandlungen? Also du musst halt bereit sein, Konflikte bewusst anzusprechen, um es zu üben. Also was ich gerne so, als ich noch Seminare gegeben habe, als ich den Leuten einfach so abends immer als Hausaufgabe gegeben habe, und geht einfach heute Abend in ein italienisches Restaurant und fragt einfach mal zu einem Uber, ob ihr vielleicht ein Aperitif auf Kosten des Hauses bekommen könntet. Und was soll da passieren? Dich kennt keiner. Wenn der sagt, nö, auch egal, dann kannst du trotzdem deine Pizza bestellen. Aber alleine diese Überwindung, in diesen Konflikt zu gehen, ist für viele Menschen schon so schlimm. Anstatt es spielerisch zu sehen und zu sagen, okay, frag halt mal und wenn ich nett bin, was soll denn schon passieren und ich bin der Meinung, dass man dieses Verhandeln tatsächlich nur durch das echte Verhandeln lernen kann nicht durch Rohnspiele, nicht durch Trockenübungen sondern halt indem du so viele Konflikte wie möglich einfach angehst und mit Leidenschaft und Passion dadurch gehst
Fabian Tausch:
[39:28] Jetzt wird es nämlich konfus eine Sache, die du mir beim letzten Mal gesagt hast, als wir gesprochen haben ist, eigentlich solltest du gar nicht selbst verhandeln.
Matthias Schranner:
[39:39] Wenn möglich. Also wenn ich im Business bin, dann darf ich nicht selbst verhandeln, sondern da brauche ich ein Team, das meine Verhandlungen führt, damit ich mich von dieser Emotionalität einfach noch stärker distanzieren kann. Also ich bin ja auch Founder von unserem Institut hier in Zürich und ich führe keine einzige Preisverhandlung mit den Kunden, weil ich wäre das leichteste Opfer für die Gegenseite, sondern das macht ein Team. Und ich empfehle auch jedem Founder, der jetzt zuhört und alle Leute, die einfach in einem Unternehmen sind, bitte nie selbst verhandeln. Also nie das eigene Thema selbst verhandeln, sondern immer jemanden mitnehmen, der eine größere emotionale Distanz zum Verhandlungsgegenstand hat, weil du einfach einen anderen Blickwinkel hast und einen viel breiteren und übergeordneten Blick hast.
Fabian Tausch:
[40:30] Sitze ich aber in derselben Verhandlung und höre zu oder bin ich gar nicht dabei?
Matthias Schranner:
[40:34] Also es kommt darauf an. Also wenn jetzt der größte Investor dabei ist, der extra aus New York eingeflogen ist, dann muss ich ja dabei sein, einfach aus Respekt gründen. Bei anderen Verhandlungen, wo es nicht ganz so wichtige Themen gibt, sollten Founder und CEOs tatsächlich nicht dabei sein. Weil die Gefahr noch viel zu groß ist, dass wir als Founder oder CEO einfach zu emotional werden und dadurch entweder als Angriffstyp dann zu viel quatschen oder als Fluchtyp viel zu schnell Zugeständnisse anbieten.
Fabian Tausch:
[41:08] Ich muss auch sagen, ich glaube, wenn ich mich selber da beobachte, bin ich auch der Typ, der dann auf eine Frage antwortet, die die andere Person auch beantworten könnte. Aber einfach nur, weil ich glaube, ich bin mir nicht 100% sicher und ich mache es einfach schnell selber, weil dann weiß ich, dass die Antwort passt und einfach meine Klappe nicht halten kann.
Matthias Schranner:
[41:26] Dann bist du ein geborenes Opfer für die Gegenseite.
Fabian Tausch:
[41:29] Ich sehe es schon, auch wenn du sagst, das geht nur über Üben, dann weiß ich schon, dass die nächsten fünf bis zehn Verhandlungen erstmal für die andere Seite spaßiger werden und die sich alle denken, Halleluja, viel Spaß, das noch üben.
Matthias Schranner:
[41:44] Ja, was ja die große Gefahr ist, wenn die Gegenseite das merkt, dass du so denkst, dann werden sie dich halt voll reinziehen. Also dann werden sie sagen, aber Herr Tausch, Das ist doch jetzt eine strategische Entscheidung. Und schon bist du verloren.
Fabian Tausch:
[41:59] Warum bin ich verloren, wenn du so mit strategischer Entscheidung kommst? Einfach um dich aus der Rationalen rauszubekommen?
Matthias Schranner:
[42:05] Ja, um dich auf deine Ego-Schiene zu treiben, halt so, jetzt wird es wichtig, jetzt musst du was sagen. Und sich da dann zu sagen, nee, halte mal die Klappe und lass meine Kolleginnen und Kollegen weiterquatschen, das ist echt schon große Kunst dann. Weil die meisten von uns ja auch dann denken, boah, endlich sieht er meine Genialität und meine Wichtigkeit und dann fangen wir an zu reden.
Fabian Tausch:
[42:28] Das heißt, wenn ich, also sagen wir mal, es ist eine Investorenverhandlung und das macht... Jemand aus dem, sagen wir mal der CFO, ist vielleicht ein ganz gutes Beispiel. Das heißt, die ganze Vorbereitung, über die wir vorhin gesprochen haben, sowohl klar inhaltlich, die ganzen Excel-Tabellen, aber auch das Strategische, das diskutiere ich mit der Person und gucke, dass die Person auch komplett versteht, wo ich da stehe, was uns wichtig ist, dass wir gemeinsam eine Basis definieren. Minimalziel, Maximalziel, aber auch die ganzen strategischen Punkte, die uns einzeln wichtig sind. Also es gibt ja bei der Finanzierungsrunde genug Termsheets, also Terms, über die man sprechen kann, die wir alle einzeln einmal durchgehen können, weil wir gesagt haben, wir müssen an alles einen Preis hängen. Und gebe das der Person und sage, hey, du hast alle Informationen, du musst da komplett durchleiten, du musst da komplett durch in dem Fall fordern und die Forderungen stellen und gucken, gucken, dass du das ab jetzt übernimmst, du hast alle Informationen, du brauchst mich quasi nicht, ich bin dabei, weil ich aus Respekt dabei sein muss, weil es einfach für das Szenario sich gehört.
Matthias Schranner:
[43:33] Genau. Du übergibst eine sogenannte License to negotiate. Du sagst zum Beispiel deinem CFO, 100 wäre super, weniger als 85 können wir einfach nicht akzeptieren. und zwischen 85 und 100 musst du reinkommen. Das ist deine Lizenz, dein Mandat, in dem du dich bewegen darfst. Was du als Chef nicht machen darfst, du darfst dann nicht während der Verhandlung reinspringen und ihm helfen. Also sobald du hilfst, verliert er das Gesicht. Dann ist klar, dass er tatsächlich nur der Briefträger ist und nicht der verantwortungsvolle Verhandlungsführer.
Fabian Tausch:
[44:07] Das heißt, die Person muss wirklich die Person sein, die das von Anfang bis Ende zu Ende verhandelt?
Matthias Schranner:
[44:12] Ganz genau.
Fabian Tausch:
[44:14] Ich glaube, eine Frage, die, also muss das zum Beispiel anders. Am Ende, so wir beide sprechen jetzt, weil du ein Institut für Verhandlungen hast und da auch viel mit reingehst. Und wir haben jetzt gerade darüber gesprochen, dass ich jemanden aus dem internen Team nehme. Wann sollte ich jemanden externen dazu holen? Anders gefragt, wann kommt ihr hinzu?
Matthias Schranner:
[44:32] Wir kommen dann hinzu, wenn es einfach an einem Level geht, wo man, also wo die Leute einfach nicht mehr die Fähigkeiten, die Fertigkeiten haben, in dieser Liga dann zu verhandeln. Also wenn wirklich die existenz des Unternehmens auf dem Spiel steht, wenn wirklich, wir verhandeln ja für die Vereinten Nationen, wenn jetzt wirklich Menschen sterben, wenn man jetzt nicht zum Ergebnis kommt. Also wenn es einfach eine Liga ist, dann ein Level ist, wo man einfach tatsächlich nicht fit ist für diesen Level. Und es gibt einfach Verhandlungen, die einfach so schwierig sind, weil sich Leute schon so festgelegt haben, so viele Emotionen drin sind, aufgrund der Historie so viele Beziehungen kaputt gegangen sind. Also wo einfach so viel kaputt ist und so viel im Argen liegt, dass man von außen, man braucht ja von außen einfach eine neue Verhandlungsstrategie draufsetzen. Wir sitzen ja nicht am Tisch, also wir übernehmen ja keine Verhandlung. Aber was wir natürlich fast immer machen, wenn wir kommen, ist einfach das alte Team rausnehmen und ein neues Team reinzusetzen. und dann einfach mit einem frischen Start wieder dann von vorne anzufangen.
Fabian Tausch:
[45:44] Und dann dabei zu gucken, dass die Personen im Rationalen bleiben und ihnen selber aufzuzeigen und zu spiegeln, wenn irgendwas zu emotional wird, zu festgefahren wird, dann Hilfeleistung und Barri zu bieten.
Matthias Schranner:
[45:56] Ganz genau, weil wir natürlich jetzt einen ganz anderen Blickwinkel haben. Also ich bin seit 30 Jahren in der Verhandlung und ich kann auch sonst nichts anderes. Und ich habe da natürlich sehr viel Erfahrung und einfach, wo ich dann sagen kann, aufgrund meiner Erfahrung wäre es jetzt gut, mehr Druck aufzubauen oder auf Zeit zu spielen oder Kooperationsbereitschaft anzubieten. Also es gibt ja verschiedene strategische Elemente, die man nutzen kann. Also den Nutzen, den wir bringen, ist einfach von außen dann nochmal einfach eine komplett neue Perspektive reinzubringen.
Fabian Tausch:
[46:31] Bevor wir die Episode hier abschließen, was würdest du sagen, sind so die kleinsten Kniffe, die ich, wenn ich nächste Woche, gut, nächste Woche, wo wir jetzt aufnehmen, ist Weihnachten, da verhandeln wahrscheinlich, wobei, da verhandelst du vielleicht dann doch nochmal. Was sind so kleine Kniffe, die ich in meiner nächsten Verhandlung sofort anwenden kann, die mir schon extrem helfen?
Matthias Schranner:
[46:52] Zu Beginn über Gemeinsamkeiten sprechen und die Gegenseite loben. Also sehr positiven Einstieg und die Gegenseite positiv hervorheben und dass man sich auf das Gespräch freut.
Matthias Schranner:
[47:06] Dann einfach einen Rahmen zu bestimmen. Also drei Themen, eine Stunde Zeit. Um dann auch zu sagen, im Konjunktiv könnten wir da drüber reden, wäre das eine Möglichkeit. Super nett sein bitte, um damit die Gegenseite, um der Gegenseite auch zu helfen, herauszufinden, was tatsächlich möglich ist und was tatsächlich in deren Interesse ist. Weil die große Gefahr eben ist, dass ich mit mir selbst verhandle und mit mir selbst schon ausmache, was geht oder vielleicht auch nicht gehen könnte. Und durch dieses mit sich selbst verhandeln, einfach so, ich mich so stark limitiere und so stark mein eigenes Ziel schon klein mache, dass ich keinen Bewegungsspielraum mehr habe. Also deshalb locker bleiben, positiv bleiben, nicht festlegen, immer locker bleiben, immer weitermachen, Notizen machen und am Ende dann einfach zusammenzählen und dann zu sehen, bin ich jetzt tatsächlich in dem Bereich, in den ich rein wollte, also habe ich mein Ziel erreicht, dann zumachen. Oder halt, wenn man merkt, es geht halt nicht. Zaubern kann man ja auch nicht. Wenn es halt nicht geht, dann zu sagen, okay, dann ist halt die Nicht-Einigung besser als die Einigung. We agree to disagree. Und dann geht man halt raus. Aber auch hier positiv. Keine Vorwürfe, keine blöden Sprüche und vor allem keine Beschuldigungen an die Gegenseite.
Fabian Tausch:
[48:27] Jetzt eine Frage, weil du gerade gesagt hast, teilweise limitiere ich mich zu viel selber, wenn ich vorher schon quasi auch antizipieren möchte, was die Gegenseite vielleicht machen kann oder auch nicht. Sagen wir, es kommt jemand zu euch und es geht darum, ihr helft in einem sehr komplexen Case. Und du hast natürlich vielleicht ein Pricing in Tagessätzen, was du dir vorstellst oder irgendwas anderes. Aber es ist nicht so dieses ganz klar vordefinierte Produkt, wo auf der Website steht 49 Euro. Wenn du jetzt da reingehst, dann könntest du ja von 1000 Euro bis 100.000 Euro alles verlangen. Und in dem Moment, wo du dir selber schon irgendwie mit mein Minimalziel das X und mein Maximalziel ist, legst du dir ja irgendwo einen Rahmen fest. Kannst aber und sagst, okay, typischerweise kriegen wir 23.000 dafür. Wie gehst du davor, dass du sagst, okay, meine Forderung ist häufig, Man denkt ja häufig, dass Preis eine wichtige Komponente ist und schmeißt die relativ schnell mit rein. Wie schaffe ich es, wenn der Preis gar nicht so klar definiert sein muss, herauszufinden, was denn ein guter Preis wäre, also was die Gegenseite bereit ist zu bezahlen?
Matthias Schranner:
[49:35] Also Preisverhandlungen genehmigt mit dem sogenannten Prinzip der Reziprozität. Also ich muss eine Gegenleistung für den Preis bieten können. Also wenn wir reingehen in die Preisverhandlungen, dann heißt das, okay, wir haben halt aufgrund unserer Erfahrung, wissen wir ungefähr, das wird drei Monate dauern, wir brauchen zehn Berater aus unserem Institut. Und wenn wir so beraten, dass wir jederzeit verfügbar sind, dass jedes A-Team bekommt und, und, und, dann ist er preisig. Und wenn du dann sagst, das kann ich oder möchte ich nicht zahlen, dann nehme ich halt etwas von dieser Leistung wieder weg. Also Reziprok heißt ja, es ist wechselseitig, es ist gegenseitig. Wenn ich den Preis reduziere, muss ich etwas wegnehmen können. Und das machen ja auch viele falsch, die sagen, okay, dann halt weniger. Dann ist ja die Frage, weshalb es dann vorher mehr verlangt. Also ich muss schon, also gerade in den Bereichen, die mir unterwegs sind, ich muss die Kompetenz, die ich habe, verhandelbar machen. Und ich muss sich zeigen, was hinter dieser Leistung steht, um sie dann auch tatsächlich reziprok verhandeln zu können.
Fabian Tausch:
[50:42] Muss ich an alles einen ganz klaren Price-Tacker haben? Das heißt, wenn du sagst, unsere 24-7-Verfügbarkeit, die kostet X und ein Berater kostet Y, weil wir haben 10 Berater und muss ich das perfekt aufstaffeln können? Oder muss ich nur das Gefühl geben, dass das aufstaffeln kann?
Matthias Schranner:
[50:58] Ja, wir können natürlich, also was wir machen bei uns am Institut, wir arbeiten jetzt nicht wie in Anwaltskanzleien mit Tagessätzen oder Stundensätzen, sondern wir sagen, okay, wir wissen, was das sein wird und wir haben einfach so einen Paketpreis, wo wir sagen, okay, es gibt so eine Vorbereitungsphase für uns, wo wir auch ein Risk Assessment machen, also wo wir herausfinden, wie groß das Risiko für den Kunden sein wird, um dann zu sagen, okay, jetzt haben wir das Risiko definiert und jetzt gehen wir rein in die Verhandlung und wir wissen ja schon, wie lange wir brauchen, wie viele Leute wir brauchen. Also deshalb ist es für uns keine große Magic.
Fabian Tausch:
[51:33] Okay, ich glaube, damit haben wir erstmal relativ viel abgedeckt, dass man eine gewisse Basis hat und verstehen kann, selbst wenn man nicht sagt, ich kann morgen perfekt wandeln, sondern dass man versteht, da kann ich mich überall weiterentwickeln und das muss ich mir alles nochmal einzeln anschauen und kann mir ein Framework daraus bauen, wie ich überhaupt mich auf so eine Verhandlung sauber vorbereite. Wir haben gemerkt, ich persönlich und Vorbereitung auf eine Verhandlung noch nicht existent. Ich glaube, ich kann da selber ganz viel lernen und schau mal, dass ich das so verpacke, dass es dann auch auffindbar ist. Aber natürlich verlinke ich sowohl dein LinkedIn als auch die Website des Instituts, sodass man sich mal weiter informieren kann und versteht, was alles passiert. Du teilst ja auch ab und zu mal ein paar Sachen auf LinkedIn. Ist jetzt nicht so wie ich, der irgendwie da fünf, sechs, sieben Mal die Woche postet, aber ab und zu. Nichtsdestotrotz, das verlinke ich und deswegen Matthias, vielen, vielen Dank schon mal für die ganzen Einblicke. Hat sehr viel Spaß gemacht. Ich weiß, wo ich mich weiterentwickeln muss und möchte, weil es klingt ja nach Spaß und ich merke so, so ein bisschen mehr Nerven aus Stahl würden sicher nicht schaden und deswegen vielen, vielen Dank für die Einblicke.
Matthias Schranner:
[52:42] Okay, danke dir für die Einladung.
Dann versuch es doch mal mit den beliebtesten Episoden des Podcasts.