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“Everyday is closing day”: Gero Decker über Signavio’s Weg zu 50 Mio ARR
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Gero Decker ist Gründer von Signavio (heute SAP Signavio), welches 2021 für ca. 1Mrd. EUR an SAP verkauft wurde (Link zu einem Interview mi…
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Oct. 25, 2024

“Everyday is closing day”: Gero Decker über Signavio’s Weg zu 50 Mio ARR

Gero Decker ist Gründer von Signavio (heute SAP Signavio), welches 2021 für ca. 1Mrd. EUR an SAP verkauft wurde (Link zu einem Interview mit den Details in den Shownotes). Als Co-CEO verantwortet er den Aufbau der Vertriebsorganisation auf mehrere hunderte Mitarbeiter und über 50 Mio. EUR ARR. 

Wie senior sollten meine ersten Sales-Mitarbeiter sein? Welche Funktion haben Gründer im Vertrieb in der frühen Phase? Warum spielt Customer Success eine entscheidende Rolle im Enterprise Sales im B2B SaaS?

Um hier tiefer in die Herausforderungen im B2B-Sales einzusteigen, übernimmt heute Syntinels Gründer Florian Dostert die Moderation.
Selbst aktuell auf dem Weg zur ersten Million ARR hat er für diese Episode Sales Bakery einige Fragen und Problemstellungen aus dem Alltag eines SaaS Founders mitgebracht.

Was du lernst:
👉 Wie du eine effektive Go-to-Market-Strategie aufbaust: vom ersten Euro  zu 50+ Millionen EUR ARR
👉 Die Bedeutung und Implementierung von Opportunity Qualification
👉 Wie man eine Balance zwischen Vertrieb und Customer Success schafft und das Zusammenspiel der Funktionen in die Unternehmenskultur integriert
👉 Wie eine Sales-Org. nach dem Motto “everyday is closing day” agiert
Die Sales-Rolle des Gründers in verschiedenen Wachstumsphasen 

Kapitel:
(00:00:00) Ab wann sich Events für Startups lohnen
(00:08:07) Pros of hiring Juniors
(00:09:57) Signavio’s Kapitaleffizienz als Stärke der Frühphase
(00:13:05) Welche Seller zu Sales Leadern werden sollten
(00:15:03) Sales Compensation Plans
(00:17:47) Everyday is closing day
(00:31:58) Warum Signavio einen zweiten Anlauf für die US Expansion brauchte
(00:38:23) Hiring Senior Sales Leaders
(00:48:13) Die Rolle des Gründers im Sales Prozess
(00:52:37) Opportunity Qualification als Kerndisziplin

Erfolgreiche Sales-Strategien von SAP Signavio Gründer & CEO Gero Decker

Der Aufbau einer effizienten Sales-Engine ist für Tech-Startups entscheidend, um nachhaltig zu wachsen und erfolgreich zu skalieren. SAP Signavio Gründer & CEO Gero Decker teilt in einem ausführlichen Gespräch seine Erfahrungen und gibt wertvolle, taktische Einblicke in die Entwicklung einer leistungsstarken Vertriebsstrategie. Dieser Artikel beleuchtet seine wichtigsten Thesen, ergänzt durch Gegenargumente und praktische Tipps für Gründer und Betreiber von Tech-Startups.


1. Die Bedeutung von zielgerichteten Events für Early-Stage-Unternehmen

Gero Deckers Perspektive:

  • Fokussierung auf die Zielgruppe: Events sollten gezielt ausgewählt werden, um direkt mit der gewünschten Kundengruppe in Kontakt zu treten.

"Wenn es die Zielgruppe ist, klar, hier laufen Tausende von Leuten rum. Wenn es nicht die Zielgruppe ist, dann würde ich sagen, nehmt dann das gleiche Geld und geht lieber auf einen Kongress, wo ihr eure Zielgruppe trefft."

Taktische Tipps:

  • Gezielte Auswahl: Investieren Sie in Veranstaltungen, bei denen Ihre potenziellen Kunden präsent sind.
  • Vorbereitung: Recherchieren Sie Teilnehmer im Voraus und planen Sie Meetings vor Ort.

Gegenargument:

  • Netzwerkaufbau: Einige Gründer betonen die Bedeutung von allgemeineren Events für Networking und Markenbekanntheit.

Praktische Umsetzung:

  • Balance finden: Kombinieren Sie spezialisierte Events mit ausgewählten größeren Konferenzen, um sowohl Networking als auch Kundengewinnung zu fördern.

2. Einstellung von Junior-Vertriebsmitarbeitern vs. erfahrenen Sales-Profis

Gero Deckers Ansatz:

  • Einstellung von Branchenfremden: In den Anfangsphasen stellte Signavio hochmotivierte Talente ohne Software-Sales-Erfahrung ein.

"Was mir dort gefallen hat, war, dass das alles so High-Powered, High-Energy, 'Never-Gonna-Let-It-Down'-Typen waren."

Vorteile:

  • Kostenersparnis: Junior-Mitarbeiter sind kostengünstiger.
  • Frischer Blickwinkel: Branchenfremde bringen neue Ideen und Ansätze mit.

Gegenargument:

  • Erfahrung zählt: Erfahrene Sales-Profis können Prozesse beschleunigen und bringen bewährte Methoden mit.

Praktische Umsetzung:

  • Mischung aus Erfahrung: Streben Sie ein Gleichgewicht zwischen jungen Talenten und erfahrenen Sales-Experten an.

3. Extreme Kapitaleffizienz und ihre Grenzen

Gero Deckers Strategie:

  • Kostensparmaßnahmen: Signavio war extrem kapitaleffizient, insbesondere während der Bootstrapping-Phase.

"Unsere Seller durften kein Taxi nehmen vom Bahnhof zum Kunden, sondern mussten den Bus nehmen oder laufen."

Vorteile:

  • Finanzielle Unabhängigkeit: Vermeidung von Finanzierung und damit verbundener Verwässerung.
  • Disziplinierter Ansatz: Fördert eine Kultur des Sparens und der Effizienz.

Gegenargument:

  • Wachstum bremsen: Zu extreme Sparmaßnahmen können das Wachstum verlangsamen und Möglichkeiten verpassen lassen.

Praktische Umsetzung:

  • Gezielte Investitionen: Sparen Sie dort, wo es sinnvoll ist, aber investieren Sie in Bereiche, die das Wachstum fördern (z. B. Talentakquise, Technologie).

4. Unbegrenzte Provisionen als Motivationsinstrument

Gero Deckers Standpunkt:

  • Uncapped Commissions: Unbegrenzte Provisionen motivieren Vertriebsteams zu Höchstleistungen.

"Immer uncapped. Immer komplett uncapped. Warum ein Cap?"

Vorteile:

  • Anreize schaffen: Verkäufer sind motiviert, über ihre Ziele hinaus erfolgreich zu sein.
  • Vermeidung von Deal-Verschiebungen: Reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass Deals ins nächste Quartal verschoben werden.

Gegenargument:

  • Budgetkontrolle: Einige Unternehmen befürchten unvorhersehbare Ausgaben durch hohe Provisionen.

Praktische Umsetzung:

  • Gut durchdachte Provisionsstruktur: Stellen Sie sicher, dass die Provisionen im Verhältnis zum Umsatz stehen und das Geschäftsmodell unterstützen.

5. Jeder Tag ist ein Closing-Tag: Vermeidung von Quartalsend-Rushes

Gero Deckers Philosophie:

  • Kontinuierliche Abschlüsse: Deals sollten nicht künstlich bis zum Quartalsende hinausgezögert werden.

"Every day is a closing day... Ein Target Closing Date kann auch der 15. August sein und muss nicht nur der 30. September sein."

Vorteile:

  • Stabile Umsatzströme: Gleichmäßiger Umsatzfluss statt Spitzen am Quartalsende.
  • Bessere Kundenbeziehungen: Weniger Druck auf Kunden, schnelle Entscheidungen zu treffen.

Gegenargument:

  • Vertriebsdruck nutzen: Einige argumentieren, dass Quartalsziele den Vertriebsdruck erhöhen und zu besseren Ergebnissen führen können.

Praktische Umsetzung:

  • Fokus auf Kundennutzen: Betonen Sie den Wert für den Kunden statt interner Zeitpläne.
  • Flexible Zielsetzung: Setzen Sie realistische, aber ambitionierte Ziele für Ihr Vertriebsteam.

6. Customer Success als unternehmensweite Verantwortung

Gero Deckers Ansatz:

  • Ganzheitlicher Blick: Kundenbetreuung ist nicht nur Aufgabe des Customer Success Teams, sondern des gesamten Unternehmens.

"Customer Success ist nicht eine Funktion oder Rolle innerhalb des Unternehmens, sondern es ist ein Mindset und ein Ansatz für die Kampagne als Ganzes."

Vorteile:

  • Verbesserte Kundenzufriedenheit: Ganzheitliche Betreuung führt zu zufriedeneren Kunden.
  • Erhöhte Upselling-Möglichkeiten: Zufriedene Kunden sind eher bereit, zusätzliche Produkte oder Dienstleistungen zu erwerben.

Gegenargument:

  • Rollenklärung wichtig: Ohne klare Zuständigkeiten kann es zu Verwirrungen und Verantwortungsdiffusion kommen.

Praktische Umsetzung:

  • Kultur etablieren: Fördern Sie eine unternehmensweite Kultur des Kundenfokus.
  • Klare Prozesse definieren: Trotz des Mindsets klare Verantwortlichkeiten festlegen.

7. Einführung spezialisierter Vertriebsrollen zum richtigen Zeitpunkt

Gero Deckers Entscheidung:

  • Einsatz von BDRs/SDRs: Mit der Expansion in die USA setzte Signavio auf spezialisierte Rollen für Outbound-Aktivitäten.

"Für uns war der Trigger... Wir switchten zu Outbound als Hauptmotion für die USA."

Vorteile:

  • Effizienzsteigerung: Spezialisierung ermöglicht effektivere Vertriebsprozesse.
  • Skalierbarkeit: Bessere Skalierung des Vertriebs durch klare Rollenverteilung.

Gegenargument:

  • Komplexität erhöhen: Zu frühe Spezialisierung kann Prozesse verkomplizieren und Flexibilität reduzieren.

Praktische Umsetzung:

  • Bedarf evaluieren: Analysieren Sie, wann Ihr Unternehmen bereit für spezialisierte Rollen ist.
  • Schrittweise Einführung: Implementieren Sie neue Rollen nach und nach und passen Sie Prozesse entsprechend an.

8. Die Rolle von senioren Führungskräften im Vertrieb

Gero Deckers Erfahrung mit Marc Höhlenstein:

  • Einführung von Operational Cadence: Marc brachte Struktur und Disziplin in den Vertriebsprozess.

"Er hat einfach eine Operational Cadence reingezogen ins Unternehmen, die wir vorher nicht hatten."

Vorteile:

  • Erfahrung nutzen: Senior Leadership kann bewährte Methoden und Strukturen einbringen.
  • Schnelleres Wachstum: Skalierung wird durch klare Prozesse und Führung erleichtert.

Gegenargument:

  • Kulturfit sicherstellen: Senioren Führungskräfte müssen zur bestehenden Unternehmenskultur passen.

Praktische Umsetzung:

  • Gezielte Rekrutierung: Suchen Sie nach Führungskräften, die sowohl Erfahrung als auch kulturelle Passung mitbringen.
  • Integration fördern: Unterstützen Sie neue Führungskräfte bei der Eingliederung ins Team.

Fazit

Der Aufbau einer erfolgreichen Sales-Engine erfordert Strategie, Flexibilität und das Zusammenspiel verschiedener Faktoren. SAP Signavio Gründer & CEO Gero Decker zeigt, wie wichtig es ist, den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen, eine motivierte Vertriebskultur zu fördern und gleichzeitig auf Effizienz und Skalierbarkeit zu achten.

Schlüsselempfehlungen:

  • Zielgerichtete Event-Teilnahme: Investieren Sie in Veranstaltungen mit direktem Kundennutzen.
  • Balance im Team: Kombinieren Sie Junior-Talente mit erfahrenen Profis.
  • Kundenorientierung leben: Customer Success ist eine unternehmensweite Aufgabe.
  • Provisionsmodelle überdenken: Unbegrenzte Provisionen können starke Anreize setzen.
  • Kontinuierliche Abschlüsse fördern: Vermeiden Sie Quartalsend-Stress durch gleichmäßige Vertriebsaktivitäten.
  • Senior Leadership einbinden: Nutzen Sie die Erfahrung von Führungskräften, um Prozesse zu optimieren.

Transcript

Gero, fangen wir doch bei dem Thema mal an. Ich meine, wir sind ja heute auf einem Event. Wir können es auch Kongress nennen. Ich glaube, das Ticket kostet hier so sterbliche 500 bis 1000 Euro. Events, würdest du sagen, für Early-Stage-Company ist es ein richtiges Must-Have? Muss man hier sein? Sollte man da Geld und Zeit investieren?

 

Gero Decker:

[3:12] Naja, Bits & Pretzels ist die Frage, ist es eher für Networking unter Gleichgesinnten oder ist das hier die Zielgruppe? Wenn es die Zielgruppe ist, klar, hier laufen tausende von Leuten rum. Wenn es nicht die Zielgruppe ist, dann würde ich sagen, ich mag die Bits & Pretzels Kollegen sehr, sehr gerne. Aber nehmt dann das gleiche Geld und geht lieber auf einen Kongress, wo ihr eure Zielgruppe trefft.

 

Florian Dostert:

[3:33] Verstanden. Das heißt also, du sagst im Allgemeinen, ich nehme das jetzt mal raus aus der Bits & Pretzels und weg von dem 9.15 Uhr, wir trinken Bier zusammen. Im Allgemeinen muss man das schon sehr gut vorbereiten wahrscheinlich und auch im Vorfeld wissen, was sind die für mich richtigen Kongresse. Hast du da bei euch, ja, ich sag mal gerade im Early Stage, und ich würde ganz gerne sprechen über die Phasen bis eine Million, bis zehn Millionen, bis 50 Millionen ERA, was da bei euch fließend ineinander übergeht. Gab es da eine Phase, in der du enorm viel auf Kongressen unterwegs warst, selbst als Salesman? Was war so dein klassisches Setup, wenn du mal eine Messe aufgesetzt hast?

 

Florian Dostert:

[4:06] Wen hast du da auch mitgenommen?

 

Gero Decker:

[4:07] Ja, also das kann man glaube ich an diesen drei Phasen ganz gut auftrennen. Am Anfang geht man auf die eher nischigeren Kongresse, die dann auch meistens günstiger sind, aber auch kleine, aber halt sehr viel spezialisiertere Target Group, wo dann so 100, 200, 500 Teilnehmer sind von einem bestimmten Audience. Später, wenn es dann größer wird, dann kann man auch auf irgendwelche Gartner-Symposien oder irgendwelche großen Events gehen, wo viel, viel mehr Leute sind. Aber dort brauche ich schon eine Brand, dort brauche ich schon viel mehr Credibility, dort brauche ich einen besseren Plan, um dann aus dieser Masse auch die richtigen Leute rauszufinden. Und wenn ich dann ganz groß geworden bin, dann gehe ich nicht mehr auf die Events von anderen, sondern dann kommen die anderen auf deine Events.

 

Florian Dostert:

[4:48] Wann war das bei euch der Fall, dass die anderen auf deine Events gekommen sind oder auf eure Events gekommen sind?

 

Gero Decker:

[4:51] Ich würde mal sagen so bei 20, 30 Millionen eher.

 

Florian Dostert:

[4:55] Okay, das heißt also eher in der letzten Phase.

 

Gero Decker:

[4:57] Genau.

 

Florian Dostert:

[4:58] Und war das dann, also ich habe mir das ein bisschen angeschaut und also vorweg, ich habe viele Quellen zusammengesucht, das heißt, da sind bestimmt ein paar Sachen drin, die nicht 100 Prozent richtig waren, aber ich glaube in den USA zum Beispiel habt ihr ja relativ früh expandiert, erst mit einem ganz kleinen Team, dann irgendwann habt ihr Geld gesammelt und dann habt ihr das deutlich größer gemacht und da habe ich irgendwo mal was aufgeschnappt, dass du sagst, boah, irgendwann haben wir da richtig große Events auch gemacht. Habt ihr das in den Standorten tatsächlich dann auch verteilt getan oder habt ihr gesagt, alle Kunden, alle tausend Kunden, egal wo du sitzt, wir machen unsere Veranstaltung in Deutschland, wir haben so eine richtig große Konferenz, wo alle hinkommen?

 

Gero Decker:

[5:33] Also bis heute machen wir drei große Events auf der Welt und das haben wir eigentlich die ganze Zeit schon gemacht, als wir mit diesen eigenen Events angefangen haben.

 

Gero Decker:

[5:40] Eins für Nordamerika, eins für Europa und dann eins für Asia-Pacific. Das sind dann so als Hubs gut genug, sodass die Leute auch hinkommen. Wobei, das sind dann schon wieder die Detailfragen. Wir kommen jetzt gerade aus, letzte Woche hatten wir unser Event in Chicago. Und Chicago, naja, da müssen halt, außer die, die dort lokal sind, müssen halt alle drei oder vier Stunden fliegen. Drei oder vier Stunden fliegen heißt schon, post-Covid, das muss schon very compelling sein, dass ich dort hingehe. Da kann man sich fast überlegen, mache ich ein Event, sagen wir mal, in New York, Ostküste. Und ein Event, San Francisco Westküste, das macht es dann noch sozusagen lower

 

Gero Decker:

[6:16] barrier, lower threshold für die Kunden dort hin zu kommen.

 

Florian Dostert:

[6:18] Verstanden. Ist tatsächlich was, also wir haben mit den vorherigen Gästen recht viel über Deutschland und Dach gesprochen, wie man hier Kunden erschließt, würde ich mich heute auch ganz gern mit dir drauf spezialisieren, weil ich glaube für ganz viele Zuhörende ist das Thema Flip in die USA und da was aufbauen, da weiß jeder, hat seine totalen Tücken und damit beschäftigt sich wahrscheinlich auch jeder Entrepreneur, bevor er das macht. Ich glaube, du hast auch mal gesagt, da kann man auch sehr viel Geld verlieren oder nicht sinnvoll investieren.

 

Gero Decker:

[6:42] Nicht nur kann, sondern man wird es verlieren.

 

Florian Dostert:

[6:46] Und wenn ich mir jetzt vorstelle, das Team, was ihr in Deutschland aufgebaut habt, gerade 2009 gestartet, du hast da sehr früh, glaube ich, jemanden mit reingenommen, der das Ganze mit dir aufgebaut hat. Ihr wart vier Gründer, du hast dich dem Commercial-Thema gewidmet. Wie habt ihr jetzt so zwei, drei Personen in Sales, inklusive dir, wie habt ihr euch aufgeteilt? Hatte jeder seine eigenen Deals? Habt ihr da schon die Rollen getrennt? Wie habt ihr eine Competition? Wie habt ihr ein Learning reingebracht? Kannst du uns ein bisschen mitnehmen in die ersten... Zwei Jahre Signavio Sales auf eine Million herkommen.

 

Gero Decker:

[7:20] Also erste spannende Beobachtung, wen haben wir überhaupt an Bord genommen? Weil meine Beobachtung war, ich hatte so das Gefühl, zumindest damals die Leute, die aus Software Sales kamen, das war alles so ein bisschen verschlafen. Also heute ist das ein bisschen anders, da gibt es ein besseres Ökosystem. Damals war das sehr verschlafen und wir haben unsere ersten Kollegen eingestellt, eigentlich komplett fachfremd. Ja, einer hat vorher Farbe an, Spezialfarbe an Architekten verkauft, der andere hat Finanzprodukte verkauft, der dritte hat Campari an Nachtclubs vertickert, ja, und der nächste kam von Groupon und hat vorher irgendwie Gutscheinpackages an Massagesalons verkauft. Was mir dort gefallen hat, war, dass das alles so high powered, high energy, never going to let it down Typen waren. Ich weiß noch, Amin, der damals an Bord kam, der kam von Daily Deal, glaube ich, und der kam an Tag drei zu mir und sagte, Gero, es ist wieder ein schrecklicher Tag zu Ende gegangen. Mir geht es ganz, ganz schlecht. Da meinte ich, Amin, was ist denn los? Er meinte, es ist Tag drei, into the job und ich habe noch keinen Deal geclosed. Kannst du dir das vorstellen? Ich fühle mich so schlecht. Gero, was mache ich falsch? Und da habe ich gesagt, Amin, diesen Spirit behältst du bitte für immer bei. Aber Software Sales dauert halt immer ein bisschen, die Sales Cycles sind halt immer ein bisschen länger als drei Tage.

 

Florian Dostert:

[8:44] Vor allem ihr habt ja auch nicht an Massagesalons verkauft, das vielleicht nochmal für den ein oder anderen Zuhörenden, der sich noch nicht so sehr mit Signavi auseinandergesetzt hat, sondern schon eher an Enterprises, mehr als tausend Mitarbeitende und ein Binding Center von fünf bis zehn Personen. Da ist Armin wahrscheinlich an Tag drei noch nicht mal vorstellig geworden bei den meisten.

 

Gero Decker:

[9:01] Du wärst überrascht, wie die Leute mit Energie und Kreativität dort zu Leuten vorgedrungen sind. Das ist schon sehr spannend.

 

Florian Dostert:

[9:13] Habe ich dich gerade unterbrochen, aber was ich schon bei euch besonders finde, ist, dass ihr enorm Junior geheiert habt. Also gerade in der Anfangsphase, ihr habt sechs Jahre gebootstrappt, ihr hattet jetzt wahrscheinlich einfach nicht das Geld oder wolltet es nicht investieren, um Leute aus Competitoren rauszueisen, wie zum Beispiel aus einer Software-AG ganz früh. Aber ihr habt ja wirklich zum Teil Berufseinsteiger auch eingestellt, mit ins Kundenteam genommen. Willst du das heute wieder so machen?

 

Gero Decker:

[9:41] Also damals war es genau das Richtige. Ich weiß noch zu dem Zeitpunkt, als wir dann 80, 90 Mitarbeiter waren, das erste Mal Geld aufgenommen haben, haben wir dann mal geguckt, wie senior sind eigentlich unsere ganzen Mitarbeiter und von diesen 80 Mitarbeitern gab es drei, die vorher mehr als drei Jahre Job Experience außerhalb von Signavi hatten. Und 77 waren quasi Berufsanfänger oder Leute, die halt bei Signavi gestartet haben und dann dort gelernt haben. Für damals, für uns war es genau das Richtige, wir waren ein junges Team und wir haben viel von dieser Energie gelebt, von diesem Momentum, von dem Zusammenhalt und es war auch einfach ein cooler Lifestyle in dieser Company zu sein, jeden Tag und miteinander zu kämpfen.

 

Gero Decker:

[10:18] Und es klingt immer so logisch und rational und was ist das Beste fürs Business und so. Häufig ist das Beste fürs Business das, was sich von innen heraus gut anfühlt und was den Leuten einfach Energie gibt und Motivation und Kräfte freisetzt, die es sonst nicht gibt. Würde ich es heute anders machen. Ich meine, jetzt bin ich 42, ich habe viele Dinge gesehen und weiß es besser. Heute würde ich wahrscheinlich eher den Shortcut wählen und sagen, ich hole mir einen gesunden Mix aus viel Energie und purem Willen und viel Erfahrung ins Team, weil dann komme ich schneller ans Ziel. Aber das ist eher die rationale und die bequemere Art und Weise. Damals war es einfach viel Spaß, so ein Unternehmen so aufzubauen.

 

Florian Dostert:

[10:56] Ich meine, ihr wart ja auch sehr jung und ihr wart auch First-Time-Entrepreneurs eigentlich. Hätet ihr überhaupt vorher einen Job, also ihr vier? Gehörtet ihr zu den 80 Mitarbeitenden, wo drei schon im Vorfeld drei Jahre Arbeitserfahrung gesammelt haben oder kamt ihr direkt aus der Uni?

 

Gero Decker:

[11:10] Von uns gehörte keiner zu dieser Gruppe.

 

Florian Dostert:

[11:15] War das ein Grund, warum, weil ihr habt ja schon auffällig lange gebootstrapped und habt dann irgendwann recht viel Kapital dazu genommen oder recht häufig hintereinander, würde ich mal sagen, vom Exit die Jahre. War das ein Grund für die ersten Jahre, warum du auch gesagt hast, einen Euro Umsatz generieren ist genauso schwer wie einen Euro Funding generieren und wenn jetzt ein Entrepreneur da draußen zuhört, der vielleicht irgendwie auch aus der Uni rausgestolpert ist, jetzt so bei einer halben Million, Millionen ERA ist und vor der Entscheidung steht... Bootstrap ich weiter oder nehme ich mir Funding. Wie war da so deine eigene Erfahrung, dein eigener Wissensschatz, wie hat der darauf eingezahlt, diese Entscheidung zu treffen?

 

Gero Decker:

[11:54] Also mindestens mal waren wir kapitaleffizient bis zum Umfallen. Unsere Seller, die durften kein Taxi nehmen vom Bahnhof zum Kunden, sondern mussten den Bus nehmen oder laufen. Wenn Geschäftsreisen waren, haben die Leute kein Einzelzimmer im Hotel bekommen, sondern mussten sich immer ein Zimmer teilen, zumindest wenn es das gleiche Geschlecht war. Und wir waren dort einfach, wir haben wirklich jeden Cent gespart, überall wo wir zu Events gegangen sind. Wenn wir nicht 50% Discount bekommen haben, dann haben wir nicht verhandelt. Wir haben einfach überall Kosten reduziert bis zum Umfallen. Das hat uns ermöglicht, so lange zu bootstrappen und wir waren wahnsinnig profitabel ja auch die ersten Jahre. Aber die Kehrseite der Medaille war natürlich auch, dass wir viel experimentieren mussten, Dass wir halt genau diese Playbooks, diese Blueprints, dieses vorherige Wissen, das hatten wir einfach im Unternehmen nicht. Und das war für den damaligen Zeitpunkt okay, weil wir einfach das Wett gemacht haben, mit Energie und Ausprobieren und Spaß daran zu haben, zu lernen.

 

Gero Decker:

[12:57] Aber es hat uns natürlich auch viele Irrwege beschert und auch einfach Zeit gekostet. Und dann irgendwann kommt der Punkt, bei uns war der Punkt so ab 50, 60 Mitarbeiter, wo wir gesagt haben, wir haben noch nicht mal einen Plan, wer die nächste Person, was die nächste Rolle sein sollte, die wir als 51. 52. Einstellen sollten. Wie sieht so ein Unternehmen eigentlich aus, wenn es mal 100, 200, 500 Mitarbeiter hat? Keine Ahnung. Wir stellen einfach immer dort ein, wo gerade uns die meiste Arbeit erscheint.

 

Gero Decker:

[13:29] Und das würde man heutzutage nicht mehr so machen. Da gibt es viel mehr Wissen, wie so ein Unternehmen aussehen muss, was Effizienzmetriken auch sind,

 

Gero Decker:

[13:37] was sich pro Mitarbeiter in einem bestimmten Bereich leisten können muss. Das wussten wir alles nicht.

 

Florian Dostert:

[13:43] Eigentlich klingt das, also für mich jetzt, ich meine, ich baue eine SaaS-Company jetzt seit zwei, drei Jahren. Ich finde, das klingt eigentlich ziemlich geil, eine Phase zu haben, in der zehn Unternehmen in Deutschland vielleicht irgendwie einen SaaS-Player aufbauen und nicht 500 und dementsprechend wenig Competition noch ist. Jetzt war es ja bei euch so, glaube ich, ihr hattet die Software AG als eines der größten deutschen Softwareunternehmen oder vielleicht sogar europäischen. Die waren euer direkter Wettbewerber, nicht in den Tickets, die ihr, ich glaube, ihr habt bewusst kleinere Unternehmen angesprochen, die eine Software AG gar nicht mehr ansprechen konnte. Aber ihr hattet auch von Anfang an, glaube ich, oder recht früh einen Mitbewerber mit Celones.

 

Gero Decker:

[14:21] Ja, die kamen erst später, die haben zwei Jahre nach uns gegründet und die haben initial auch ein anderes Segment bedient. oder ein Segment bedient, was wir initial nicht bedient haben. Also wir sind Wettbewerber zu Zulones geworden, erst so ab 2016, 2017, also relativ spät.

 

Florian Dostert:

[14:36] Ach krass, okay. Dann habe ich das schlecht recherchiert im Vorfeld. Für mich ist das immer so, die beiden Companies, die in dem Segment irgendwie auch gleichzeitig gewachsen sind.

 

Gero Decker:

[14:44] Das Marktsegment ist zusammengewachsen, aber wir sind aus zwei unterschiedlichen Richtungen gekommen.

 

Florian Dostert:

[14:47] Okay. Und der Armin jetzt beispielsweise, ich weiß nicht, wie lange der geblieben ist, aber wir sagen jetzt einfach mal.

 

Gero Decker:

[14:52] Er ist immer noch da.

 

Florian Dostert:

[14:53] Echt?

 

Gero Decker:

[14:54] Ja.

 

Florian Dostert:

[14:54] Stark. Krass. Wie kam das? Und vor allem, bevor ich dann auf die Frage, auf die ich eigentlich wollte, hinauskomme, ist der mittlerweile irgendwo Head of, hat ganz viel Führungsverantwortung oder ist der Seller, weil er ein Stellar guter Seller ist?

 

Gero Decker:

[15:08] Er ist Sales Leader geworden, weil er auch ein Talent dafür hat, Leute aufzubauen und anzuleiten. Genau dieser Schritt hin von Seller zu Sales Leader ist kein offensichtlicher. Und ich kann das auch allen Sellern nur empfehlen, das nicht als das Ziel anzusehen für sich selbst, weil ich brauche ein ganz anderes Skillset. Plus, als Sales Leader verdiene ich nicht unbedingt mehr als ein Seller. Wenn ich als Seller total überperforme und 500% von meinem Quote abliefere, dann werde ich mit Gold überschüttet. 500% Zielerreichung als Sales Leader erreiche ich niemals. Das würde ja bedeuten, dass mein komplettes Team alle im Schnitt 500% abliefern. Deswegen, es ist ein bewusster Karriereschritt. Aber für, ich würde mal sagen, 80, 90% der Leute sollte dieser Schritt niemals kommen.

 

Florian Dostert:

[15:55] Okay, dann...

 

Florian Dostert:

[16:00] Weil du es gerade angesprochen hast und mir das wichtig ist, das besser zu verstehen, die Ratio von einem richtig guten Seller, wie viele davon von zehn haben das Potenzial, aus deiner Erfahrung, ein richtig guter Sales Leader zu werden und sollten das auch werden? Wie viele davon sind da klassischerweise für gemacht?

 

Gero Decker:

[16:16] Ich würde mal sagen 20 Prozent, nicht mehr.

 

Florian Dostert:

[16:19] Zwei von zehn. Das heißt, die acht von zehn, die gehen dann auch nicht in Customer Success oder ähnliches und die bleiben ihr Leben lang im besten Fall im Sales.

 

Gero Decker:

[16:25] Die meisten werden irgendwann Sales Manager, aber sind dann keine... Rockstar-Sales-Manager. Und die hätten lieber sich schwierigere Accounts, größere Tickets oder sich anders fortentwickeln sollen in ihrer Sales-Rolle, anstatt um immer darauf zu schießen, ich will Manager werden.

 

Florian Dostert:

[16:44] Also das heißt nicht die Disziplin, sondern eher das Target wechseln.

 

Gero Decker:

[16:47] Genau.

 

Florian Dostert:

[16:47] So, dass die Tickets, mit denen ich reingehe, vielleicht ein deutlich höheres Landing, so ich nehme mir nur noch die super komplexen Enterprise-Themen, die vorher der CEO gemacht hat oder sowas in der Richtung. Du hast gerade von 500% Zielerreichung gesprochen. Das klingt recht stark nach uncapped. Immer uncapped. Immer komplett uncapped.

 

Gero Decker:

[17:05] Immer.

 

Florian Dostert:

[17:06] Warum?

 

Gero Decker:

[17:07] Warum cap?

 

Florian Dostert:

[17:09] Weil ich damit besser planen kann.

 

Gero Decker:

[17:11] Ich kann doch, guck mal, also wenn ich das richtig mache, dass ich, also jetzt wird es technisch, aber wenn ich sauber das Incentive auf meinen Deal setze, dann will ich das so setzen, ich kriege sagen wir mal 100 Euro Subscription oder 100.000 Euro Subscription. Und ich werde die und diese 100.000 Euro, die sammle ich ja auch immer up front ein. Cash mache ich immer up on invoice, also ich bezahle immer das Jahr oder was auch immer der Zeitraum ist up front. Und wenn ich dann sage, ich setze eine Quote ins Ziel und gebe dem Seller auch uncapped incentive, dann wird sein Incentive immer weniger sein als diese 100.000. Immer weniger als diese 100.000. So, jetzt wird es aber ganz technisch. Es gibt Länder zum Beispiel, wo Cash Collection ein Riesenproblem ist. Also Beispiel Ägypten oder andere Länder, wo Cash Collection inhärent ein Problem ist. Das ist das einzige Szenario, wo ich ein Problem habe mit riesigen Incentives.

 

Gero Decker:

[18:13] Und was ist Cash Collection, weil da kann es manchmal sein, dass der Kunde niemals bezahlt und du hast deinen Seller aber schon lange ausbezahlt und der hat dann womöglich schon lange gekündigt, bevor du dein Geld vom Kunden bekommen hast. Das ist das einzige Szenario, wo so Uncapped-Szenarien problematisch sind, aber in dem Moment, wo du eine Cash-Collection hast, die funktioniert und das Incentive immer, das ist ja immer wesentlich weniger als das First-Year-Revenue, sonst hast du deine Incentives komisch gesetzt. So und ab dann ist es okay. Im ersten Jahr, die Deals sind ja meistens so dimensioniert, das ist jetzt wieder, jetzt wird es technisch, Customer Acquisition Cost versus sozusagen First-Year Revenue oder Lifetime Value, will ich das immer so dimensionieren, dass ich mehr oder weniger nach einem Jahr breakeven bin von meinen Akquisitionskosten und ab dem zweiten Jahr ist es dann profitabel. Also insofern sind Uncapped-Modelle, machen es nicht schlimmer. Es sei denn natürlich so, jetzt wird es wieder ganz technisch, du baust da irgendwelche riesigen Acceleratoren drauf, dass du irgendwie für den ersten 100% kriegst du einfach, für die zweiten 100% zweifach, für die dritten dreifach und danach zehnfach. Wenn du es so baust, dann hast du was falsch gemacht. Aber wenn du quasi die gleiche Linearität über die 100% hinaus beibehältst, dann kannst du auch Uncapped machen, das ist überhaupt kein Problem für die Company.

 

Florian Dostert:

[19:30] Also sagst du, es ist ein Geschäftsmodell und ein Inzentivierungsmodellfehler, wenn man damit ein Problem hätte eigentlich oder darin sollte man eigentlich eher optimieren und nicht in dem Captain des Vertrieblers, was seinen Erfolg angeht?

 

Gero Decker:

[19:42] Was macht denn sonst der Vertriebler, wenn du einen gecapten Incentive-Plan hast? Der fängt an zu schieben. Der fängt an, entweder nichts mehr zu machen, weil er weiß, er hat durchgeschossen und ab jetzt lohnt es sich nicht mehr so. Oder er fängt an, die Deals zu schieben auf den nächsten Zeitraum, weil er weiß, dann kann er schon mal fürs nächste Jahr seine Quote anfangen zu füllen. Das willst du ja in einem SaaS-Modell gerade nicht haben. In einem SaaS-Modell willst du Deals immer so früh, wie nur irgendwie möglich machen.

 

Florian Dostert:

[20:08] Was sind Methoden, die du im Sales-Prozess gesehen hast, zu mehr als 50 Millionen ERA, um Deals schnellstmöglich zu bekommen? Weil das Erste, was da wahrscheinlich Leuten einfällt, ist, ja, Rabatt, wenn du dieses Quartal noch abschließt. Oder Inzentivierung, keine Ahnung, jegliche Form, wenn wir das Ding jetzt Freitag noch durchbekommen, damit meine Woche gut wird. Was sind da Dinge, die nicht so naheliegend sind, die du gesehen hast, bei denen du sagst, die sollten mehr Leute machen?

 

Gero Decker:

[20:34] Genau, also es gibt jetzt so diese ganzen Plumpenmechanismen, sage ich mal, also irgendwie ein SPIF oder irgendwie ein Sonderincentive, die sozusagen intern wirken, dass die Leute nochmal mehr motiviert sind innerhalb des oder Linearitätsbonus oder was es da für Mechanismen gibt, die intern wirken, dass die Leute einfach motivierter sind innerhalb einer gegebenen Zeitraum auch tatsächlich abzuschließen. Dann gibt es die externen kommerziellen Mechanismen. Du sagst einfach, dieses Angebot wird nur bis Ende des Quartals gültig sein. Danach können wir so einen Deal nicht mehr machen, weil Cheffe sagt, gibt es nicht. Oder weil die Preisliste teurer wird. Und dann setzen wir halt auf einen höheren Punkt auf. Das sind alles diese ganzen plumpen kommerziellen Mechanismen. So, der eigentliche Witz ist ja die Frage, wie baust du dein Offering und dein Go-to-Market rund um dieses Offering, dass du möglichst schnell zu einem Wertverständnis des Kunden kommst und einer Confidence, dass er sagt, ja will ich haben.

 

Gero Decker:

[21:34] Und da ist die Frage, wie du deine Pre-Sales-Phase verbaust, wie viel kannst du über dein Produkt schon tun, dass der Kunde weiß, das wird einfach grandios werden. Wir haben viel daran gearbeitet bei Signavio, wie kannst du diese Zeit auf Minuten, Stunden oder allerhöchstens wenige Tage runter reduzieren, dass der Kunde für sein spezielles Szenario komplettes Verständnis hat davon, was er zu erwarten hat. So und das halt in die Technologie, ins Produkt eingebaut. So, weil dann kannst du sagen, okay, wir sind uns einig, es stiftet Wert, das heißt, wir müssen uns jetzt nur noch drüber unterhalten, wie werden wir uns kommerziell einig, willst du erstmal ein kleines Paket kaufen und dann später groß machen oder willst du gleich alles auf einmal, wenn du gleich alles auf einmal, kann ich dir noch bessere Leute zur Verfügung stellen oder was auch immer oder noch einen besseren Preis machen. So und dann dieses ganze Paper Trail, wie kommen wir denn überhaupt durch dein Procurement durch? Hast du es denn verstanden? Sind wir denn schon als Supplier gelistet? Müssen wir durch ein Cloud Risk Assessment durch? Was sind denn all die Dinge? Und das musst du halt im Vertriebsprozess komplett nach vorne ziehen, zu sagen, ja, wir müssen uns ja einig werden, dass es das Richtige ist, aber wir arbeiten schon mal vor für den Tag, wo wir uns einig sind, weil das, was die Deals, diese Zyklen ja häufig so lange machen, ist, dass der Einkauf, dass das sozusagen bis zur Unterschrift kommt, tatsächlich einfach kompliziert und lange dauert.

 

Florian Dostert:

[22:59] Ich versuche das in meinen eigenen Worten wiederzugeben, sag mir gerne, ob ich es richtig verstanden habe. So dieses, wenn ich Vielen Dank. Plumpen Inzentivierungsmethoden zum schnellen Closing brauche, habe ich eigentlich im vorherigen Vertriebsprozess, in dem es auch nicht so sehr um die Commercials geht, nicht genug Urgency aufgebaut. Ich habe meinen Job nicht so gemacht, dass der Gegenüber verstanden hat,

 

Florian Dostert:

[23:21] welche gemeinsame Roadmap haben wir eigentlich und wir sind darauf nicht aligned. Passt ungefähr?

 

Gero Decker:

[23:25] Also oder andersrum formuliert, every day is a closing day. Also diese Tradition, dass ich zum Quartalsende irgendwie nochmal so einen Spike sehe, das ist total ungesund. Das ist total ungesund fürs eigene Unternehmen und es ist auch ungesund für den Kunden. Und bei SAP, um da jetzt mal ein Nestbeschmutzer zu sein, hat man einen besonders schlechten Job gemacht, die Kunden über Jahre hinweg darauf zu konditionieren, dass ihr den besten Deal bekommt, wenn ihr bis zur letzten Minute wartet. So und dann sitzen da alle und 60 Prozent eines Booking-Targets liegt noch am letzten oder vorletzten Tag.

 

Gero Decker:

[23:56] Aus einer Signale-Welt kannten wir das in der Form nicht, weil wir immer versucht haben, immer das nach vorne zu sehen. Ein Target-Closing-Date kann auch der 15. August sein und muss nicht nur der 30. September sein. Und es kann auch mal der 13. Juli sein als Target Closing Date und darauf will ich hinarbeiten. Diese Mechanismen wie Linearität, die helfen schon, um diese Urgency psychologisch aufzubauen, also dass du nicht nur Jahresziele setzt und sagst, wir messen jetzt bei deiner Zielerfüllung, wie viel du bis zum 31.12. Gemacht hast, sondern Linearität heißt ja, ich will auch schon in Q1 und in Q2 und Q3 gewisse Targets sehen und dann kriegst du quasi einen Kicker oder irgendeinen Bonus dafür, weil der Company hilft das ja echt. Jeder Tag, wo ich den Deal früher close, ist mehr gebuchter Umsatz. Der ARA ist womöglich, der outgoing ARA ist vielleicht der gleiche, aber der gebuchte Umsatz ist höher. Und jeder Tag Verzögerung wird niemals wiederkommen. Das muss einem in einem Subscription-Modell klar sein. Deswegen will ich das immer noch vorne ziehen. Immer, immer, immer, immer.

 

Florian Dostert:

[25:05] Jetzt kommst du aus einer Situation, in der du einen Armin hast, der sagt am dritten Tag, ich bin unzufrieden, weil ich noch nicht close. Bei dem ist das, glaube ich, inneren drin, weil er branchenfremd ist. Ihr habt auch irgendwann Leute von SAP geholt. Das ist jetzt nicht so, dass du deren Vertriebsprozess der letzten 10, 20 Jahre komplett drehst und sagst, wir closen hier einfach ganz anders, sondern du holst sie ja wahrscheinlich auch aufgrund deiner Erfahrung. Deswegen erste Frage und dann Anschlussfrage ist, dass du diese Kultur so etablieren konntest, every day is a closing day. Wie sehr liegt das daran, dass du so ein Juniores-Seller-Setup hattest initial? Und wie würdest du damit umgehen, wenn du das nicht hast, um diese Kultur zu etablieren, bei der wir uns beide einig sind? Umso früher desto besser und bis zum Ende des Quartals warten ist auch brutaler Stress hinten raus. Und zwar für alle, die auf die Pipeline gucken. Und das sind am Ende halt eigentlich alle.

 

Gero Decker:

[26:00] Da spielen halt die Sales Manager eine riesige Rolle, weil die sind ja die, die die Seller dann auch auf den Pott setzen und sagen, warum ist dieser Deal nicht weitergekommen, warum müssen wir bis zum Ende des Quartals warten, warum können wir das nicht schon heute oder nächste Woche nach Hause fahren.

 

Gero Decker:

[26:17] Und da sozusagen so einen Biorhythmus reinzubekommen ins Unternehmen, der halt nicht komplett nur nach Quartalen gesteuert ist. Aber wie gesagt, die Sales Manager sind dort in der größten Pflicht, um halt diesen Rhythmus aufzubrechen und Sachen einfach nach vorne zu holen. Auch diese Denkweise, naja dann machen wir doch erstmal den halb so großen Deal heute, statt sechs Monate zu warten und auf den großen Deal zu warten. Das ist auch jetzt wie gesagt nochmal auf die SAP gesprochen. Die SAP kommt traditionell von früher aus einer On-Premise-Welt, wo man sehr stark optimiert auf den einen großen Deal. In der Software-as-a-Service, in der Cloud-Welt hat sich gezeigt, dass so eine Land-and-Expand-Motion in vielen Fällen viel, viel, viel besser ist für alle Beteiligten, weil du hast einen viel früheren Lock-in, du hast einen viel verdaulicheren ersten Schritt, was aber nicht heißt, dass es dir den Weg verbaut hin zu dem großen Ausbau hinten raus. Das heißt, auch diese Ramp-Deals seien sie pre-committed. Also pre-committed Ramp-Deal heißt zum Beispiel, ich mache in den ersten sechs Monaten das, dann für die nächsten sechs Monate kriegst du mehr von meinem Produkt, bezahlst aber auch mehr und dann im Jahr zwei noch mehr. Und dann hast du sozusagen einen outgoing Renewal von X.

 

Gero Decker:

[27:35] Oder zumindest pre-negotiated im Sinne von, für Jahr eins bekommst du Folgendes für folgenden Preis und dann hast du die Option, lieber Kunde, ohne mit uns nochmal verhandeln zu müssen für Jahr zwei oder zu jedem Zeitpunkt, den du willst, auf folgendes Paket zu folgendem Preis umzusteigen. Beide Mechanismen sind sehr, sehr stark. Bedeutet aber auch, dass ich nicht nur auf diesen eine Transaktion schiele, sondern dass ich auf kontinuierliche und schnelle Wertkreierung beim Kunden abziele, weil diese ganzen schrittweisen Vorgehensmodelle funktionieren ja nur, wenn ich beim Kunden auch tatsächlich die Wertrealisierung sehe. Ich gehe zum Kunden hin und sage, guck mal, wir denken jetzt hier darüber nach in drei Schritten und von einem Schritt zum nächsten gibt es jeweils einen Meilenstein an Zielen, die du intern erreicht haben willst. Und wenn du diese Ziele intern erreicht hast, dann sind wir uns alle einig, dass der nächste logische Schritt das und das wäre. Und hier haben wir schon pre-agreed, wie das aussehen würde. Und dann schnippst du mit dem Finger und dann machen wir das. Dann hast du das Commit vorher und du hast ein gemeinsames Ziel, Ziel nicht nur im Sinne von Unterschrift, sondern Ziel im Sinne von Wertrealisierung beim Kunden, auf die du gemeinsam hinarbeiten kannst, aber psychologisch haben sich alle schon darauf eingeloggt, dass das das Ziel ist und dann geht auch die Reise wieder weiter.

 

Florian Dostert:

[28:50] Das heißt, auch da wieder, jetzt so ein bisschen über die letzten zehn Minuten zusammengefasst, hoffe ich.

 

Gero Decker:

[28:55] So lange geredet?

 

Florian Dostert:

[28:57] Nein, aber du hast da zwei, drei Fragen beantwortet. Und ich finde, die passen ganz gut zusammen, wenn wir uns vorstellen, wir haben Land and Expand. Es geht nicht darum, den ganz großen Deal zu haben. Das ist so ein bisschen die alte Denke, weil da war das Projektgeschäft. So, jetzt können wir einfach, dann gibt es halt 20 Lizenzen mehr. Dann, every day is a closing day. Es geht nicht darum, zum Ende des Quartals zu closen, sondern schnellstmöglich Wert zu kreieren. Das hat aber auch ganz viel damit zu tun. Und ich glaube, das ist eine, auch im Sales, also ich arbeite nur mit Sellern und ich würde sagen, viele davon denken bis zum Closing und das ist ja für Seller auch erstmal okay.

 

Gero Decker:

[29:27] Ist nicht okay.

 

Florian Dostert:

[29:29] Lass uns da rein, weil dann sprichst du über Customer Success, glaube ich, oder? So, dann gibt es den Staffelstab, der wird übergeben, da wart ihr, glaube ich, auch mit die Ersten in Berlin, ihr habt das Customer Success Event gehostet, Ihr habt einen, also mit Steven Lewandowski jemanden, der das ganze Thema komplett aufgebrochen hat und in Deutschland lobbyfähig gemacht hat. Du sagst gerade, das ist nicht okay, Seller denkt bis zum Closing. Kannst du uns ein bisschen mitnehmen in diesen Staffelstab? Wie habt ihr den aufgebaut bei Signavia und warum hat das gut funktioniert?

 

Gero Decker:

[30:00] Also Stevens typisches Mantra ist ja auch, Customer Success ist nicht eine Funktion oder Customer Success Management ist nicht eine Funktion und eine Rolle innerhalb des Unternehmens, sondern es ist ein Mindset und ein Ansatz für die Kampagne als Ganzes. Customer Success, da müssen alle mitmachen, Seller, Produktleute, alle. Weil alle zahlen auf den Kundenerfolg, auf die Wertentwicklung beim Kunden ein. Und der Seller, wenn er nur bis zum Closing denkt, hat er seinen Job einfach dramatisch falsch gemacht. Weil er muss ja mindestens mal bis zum Closing mit dem Kunden diskutiert haben, was ist denn überhaupt das Wertversprechen, was ich habe und was hier erreicht werden soll. Und der Seller, wenn er schlau ist, dann weiß er, dass der nächste Deal, den er closed, nicht der letzte gewesen sein wird. Außer ich habe dir eine Side-License for everything that we are ever going to do as a company verkauft habe. Das passiert ja nicht. So was verkauft man ja nicht. Sondern du hast immer einen nächsten Schritt als Company und du hast ja zu jedem Zeitpunkt, ich sag mal maximal 5% deiner Kunden, wo du, ich sag jetzt mal, durchgeschossen hast, wo das Magazin leer ist, wo es nichts mehr zu verkaufen gibt. Und bei 95 Prozent gibt es mehr. Also jetzt ist nur die Frage und das ist jetzt eine Effizienzfrage. Es gibt die, wo ich schon von vornherein dieses Potenzial erkennen und erschnüffeln kann und mit dem Kunden darüber reden kann. Und dann mache ich genau solche Ausbaustufen. Und dann gibt es natürlich eine große Menge, die sagen, lass mich erst mal starten und dann muss ich erst mal gucken.

 

Gero Decker:

[31:30] Und dann schauen wir halt mal. Und dann bei diesem Zweiteren, dort aus Effizienzgründen wird sich der Seller dann auch erst mal rausziehen und sagen, ich komme halt erst wieder ins Spiel. Sobald irgendwie eine Opportunity wieder irgendwie am Horizont erkennbar wird. Und da ist natürlich Customer Success dann super, super gefragt, weil die immer am Ball sind, egal ob es beim Kunden kommerzielles Ausbaupotenzial gibt oder nicht. Die kümmern sich ja darum, dass der Wert kreiert wird. Aber im Idealfall ist diese Wertkrierung immer nur ein Stepping Stone hin zu dem nächsten Schritt, wo ich noch stärker den Kunden bedienen kann. Jetzt habe ich dich total verwirrt.

 

Florian Dostert:

[32:09] Nee, überhaupt nicht. Ich will da rein, weil ich glaube, viele, die zuhören, fragen sich jetzt, okay, cool, ja, ich möchte auch Seller, die weiterdenken als das Closing, so, die sind aber irgendwie auch sozialisiert und also ein typischer Seller ist auch eher ein größeres Ego, von sich selbst überzeugt, kann gut artikulieren, kann sich selbst gut verkaufen, dass das jetzt jemand ist, der auch noch an das enorm Gute im Menschen glaubt und mit dem man, Ja, weiß ich nicht, den man eigentlich auch als CS einstellen könnte oder als Product da. Das ist ganz schön viel verlangend, finde ich, für so einen Vertrieber.

 

Gero Decker:

[32:43] Das verlange ich auch gar nicht. Ich verlange, wenn die ein großes Ego haben und wenn die die tollsten Typen und Typinnen auf diesem Planeten sind, dann schaffen sie es auch über den aktuellen Deal hinaus, eine Vision oder ein Potenzial zu formulieren mit dem Kunden, wo es sich lohnt, dann ein halbes Jahr später oder ein Jahr später den nächsten Schritt wieder zu gehen. Wenn sie das nicht schaffen, dann sind sie nicht die so großartigen Typen, die sie zu sein glauben.

 

Florian Dostert:

[33:08] Habt ihr anders diese Seller geheiert, als das andere Firmen gemacht haben, die, du hast gerade zum Beispiel ein Groupon angesprochen, ich glaube da gab es diese Mentalität nicht kontinuierlich, so bei allen sagt man sich zumindest so im Markt, ohne da jetzt Nespisch-Mutzer machen zu wollen, aber habt ihr einfach andere Leute eingestellt im Sales, die diese Fähigkeit haben und diesen Weitblick haben mit ihren Kunden? Oder habt ihr sie einfach durch eine Kultur wie Bass und Hack, die ihr etabliert habt bei euch intern, äh, Wumms und Hack, habt ihr die einfach dahin sozialisiert?

 

Gero Decker:

[33:43] Wir haben die sozialisiert. Wir haben einfach sichergestellt, dass alle ...

 

Gero Decker:

[33:50] Dass Kollegen über das Unternehmen hinweg ein relativ gutes Verständnis und eine Empathie dafür entwickeln, was die anderen Kollegen machen.

 

Gero Decker:

[33:58] Und dadurch haben wir auch über die ganzen Jahre keine Mechanismen gebraucht, um zum Beispiel Bad Deals oder Bad Behavior irgendwie zu disincentivieren, sondern die Leute wussten, dass wenn sie einen schlechten Deal machen oder irgendwas, was suboptimal ist, dass es andere Leute gibt, die das ausbaden müssen. Dass ich dort was verkauft habe, was ich versprochen habe, was es überhaupt gar nicht gibt und dann die Produktleute leiden müssen oder dass ich hier Versprechungen gemacht habe während des Vertriebsprozesses und dann meine Customer Success Kollegen, die kotzen dann total ab, weil sie sich denken, boah, was haben die denn da schon wieder erzählt beim Kunden. Durch diese Sozialisierung und eine Empathie dafür, dass es unterschiedliche Rollen gibt im Unternehmen und nur wenn alle füreinander, miteinander arbeiten, das Unternehmen als Ganzes erfolgreich sein kann und dass die Leute dich auch dann viel mehr unterstützen werden, wenn du sie unterstützt in dem, was sie tun. Das ist eine Identitäts- und eine Kulturfrage, die wahnsinnig wichtig ist. Ich glaube an High-Paced Sales. Ich glaube daran, dass es Leute geben muss, die absolut riesige Ambitionen haben und leisten wollen und es allen beweisen wollen, dass sie die Besten sind. Das ist absolut wichtig und ich glaube daran, dass Closing ein Event ist, was man feiern muss und ich glaube daran, dass Sales eine wahnsinnig wichtige Rolle im Unternehmen ist und wahnsinnig komplex ist und viel Talent und Grit und alles erfordert.

 

Gero Decker:

[35:24] Aber nur wenn die Firma als Ganzes funktioniert, funktioniert die Firma als Ganzes. Und auch nur dann werden die Seller mittelfristig und langfristig ihr volles Potenzial ausschöpfen können.

 

Florian Dostert:

[35:36] Verstanden. Das kann ich mir gut vorstellen, dass das bei den ersten 80, 90 Personen, bis ihr dann nochmal deutlich größer geworden seid, am Anfang ja auch im Verhältnis zu danach eher langsamer gewachsen seid, als ihr das danach seid, dass das gut funktioniert hat, auch in einer Full-Cycle-Motion. Also ich habe irgendwo mal aufgeschnappt, es gab zwei Rollen, es gab den Engineer und es gab den Seller. Es gab den Menschen, der am Kunden gearbeitet hat und Abschlüsse gemacht hat und es gab denjenigen, der die Wertschöpfung kreiert hat in der Software, so in den verschiedensten Rollen. Wann und warum habt ihr irgendwann auf eine im Nachhinein noch recht erfolgreiche SDA oder BDA, you name it, Motion umgestellt? Was war da so der Trigger für dich als Unternehmer dahinter, bei dem du sagst, boah, jetzt gehe ich da in so eine Motion, wie das ein Sales Force in den USA vorgelebt hat?

 

Gero Decker:

[36:27] Genau, also Stichwort USA, für uns war der Trigger, dass wir, also wir haben USA quasi zweimal gestartet, einmal so ganz klein mit zwei, drei Kollegen vor Ort und dann drei Jahre später nochmal richtig, wo wir dann auch auf einen Schlag irgendwie 15, 20 Leute eingestellt haben. Nun, das war der Moment, dieses zweite Mal starten in den USA, dass wir auf Outbound umgeschwenkt sind, als Hauptmotion für die USA. In Deutschland haben wir noch viel länger Inbound-Centric gemacht, eben in den USA, aber haben wir ab dem Zeitpunkt vor allen Dingen Outbound gearbeitet. Und dort war es einfach eine Effizienzfrage, dass ich Leute habe, die diesen Outreach im großen Stil, diese Multi-Touch-Campaigns, LinkedIn anrufen, E-Mails, was auch immer, Account-Based-Marketing, im großen Stil und in hoher Frequenz, in hoher Velocity gemacht haben. Und ich dann Seller habe, die sich quasi eher auf den Deep Dive mit den Opportunities konzentrieren konnten in dem Moment, wo ich einen Sales-Qualified-Lead habe. Aber das war das Outbound-Modell, was das getriggert hat für uns.

 

Florian Dostert:

[37:34] Was ihr in den USA validiert habt, dann habt ihr es, also ich habe mich schon mal mit dem Arno ein bisschen länger unterhalten, der ist Anfang 2017 zu euch gekommen und der hat dann innerhalb der nächsten drei, vier Jahre glaube ich von einem SDA auf 10, 15 hochgehoben. Wie hat sich die Rolle für euch unterschieden von dem SDR slash BDR zu dem Seller? Was hat sich auch für die Seller verändert, dadurch, dass jetzt die BDRs da waren? Welche Tätigkeiten haben die als erstes abgegeben? Wie haben die zusammengearbeitet? Kannst du uns da ein bisschen mitnehmen?

 

Gero Decker:

[38:09] Genau, also wie gesagt, erstmal haben wir die BDRs nur für Outbound-Tätigkeiten gehabt. Wir haben dann aber relativ schnell gesehen, dass es auch Sinn macht, weil wir durchaus auch ein signifikantes Inbound-Volumen hatten, dass wir gesagt haben, 80% der Tätigkeit der BDRs ist Outbound, 20% ist Inbound. Und dann je nach Region war es leicht anders gewichtet. Wie war die Arbeitsteilung? naja, du kannst es am Prozess ablesen. Die BDRs, also für den Inbound-Modell, starten die BDRs auf eine Marketing-Qualified-Lead. Das ploppt quasi aus deinem Scoring-System einer Marketing-Automation raus, dass jemand genügend Engagement, genügend Score gesammelt hat, um quasi, wo es sich lohnt, angefasst zu werden. Also weil Leute, keine Ahnung, auf unserer Pricing-Webseite lang genug gebraucht haben, haben oder weil sie halt genügend Engagement mit irgendwelchen Content, Pieces gehabt haben und so weiter. Und dann war der Übergabepunkt Sales Qualified Lead, also eine gewisse Minimalqualifizierung, dass der Kunde tatsächlich passt, dass da auch Budget zu vermuten ist, dass dort eine Urgency und eine Timeline zu vermuten ist und so weiter. Weil wenn kein Budget da ist und wenn keine Timeline da ist, dann braucht der Seller auch nicht tätig werden.

 

Florian Dostert:

[39:30] Was war das Framework, was ihr dafür genutzt habt? Also wart ihr in einem Spiced, wart ihr in einem Band? Weil ich glaube, du hast sehr viel über das Thema schon Why Change, Why You und Why Now gesprochen. Hast du ein Framework, was du heute einem Unternehmer oder einer Unternehmerin empfehlen würdest, auf das man seine Enterprise Motion aufbauen sollte?

 

Gero Decker:

[39:49] Boah, da bin ich schon wahnsinnig weit weg inzwischen von. Also das Framework, was mir die meiste Zeit im Kopf geblieben ist, ist halt Opportunity Qualification über MedPick. Das haben wir sehr stark genutzt und lange Zeit und sehr erfolgreich. Ansonsten, wir haben halt eine eigene Scoring Metric gehabt, auf x Dimension. Und wie gesagt, aber Timeline-Urgency und Budget, das waren halt die Hauptkriterien, auf die es dann ankam.

 

Florian Dostert:

[40:21] Got it. Wenn du zwei Menschen dir rauspicken würdest, die in diesen 15 Jahren den größten Einfluss hatten auf eure Revenue-Engine, die nicht mitgegründet haben,

 

Florian Dostert:

[40:35] wer wäre das und in welchen Phasen? Was macht diese beiden Menschen aus?

 

Gero Decker:

[40:38] Ja, also Nummer eins würde ich tatsächlich sagen, war der Mark Hohlenstein, den haben wir 2017 auch an Bord genommen, also ein bisschen nach der... Ersten großen Finanzierungsrunde, die wir gemacht haben. Und dann gibt es eine ganze Reihe von Leuten, die sehr, sehr einflussfrei waren. Klar, der Gerrit, der schon ein halbes Jahr nach Gründung mit an Bord kam, der uns überhaupt so diese ganzen Basics im Vertrieb beigebracht hat, der ja auch lange Jahre dabei war, der ist jetzt erst vor zwei Jahren ausgestiegen. Und von dem habe ich wahnsinnig viel gelernt, so in dieses Mindset mich auch reinzudenken von Vertrieb und Vertrieb auch zu appreciaten als Funktion.

 

Gero Decker:

[41:22] Aber dann gibt es eine ganze Reihe von Leuten, die wahnsinnig einflussreich waren auf die Art und Weise, wie wir die Go-to-Market-Maschine gebaut haben. Da gibt es Leute, die Enablement auf ein ganz anderes Level gehoben haben Oder die Demand-Sales-Campaigns, was auch immer, sozusagen solche Engines gebaut haben. Da gibt es eine ganze Reihe von Rollen, die wichtig sind über die Zeit. Aber auch einzelne Seller, die dann als Vorbilder fungieren und wo alle Leute hin aufblicken und sagen, so möchte ich mal sein. Also das sind nicht immer nur ein, zwei Personen, auf die es ankommt, sondern du brauchst, das ist ja ein Riesengebilde über die Zeit und das ist wahnsinnig wichtig. Und jetzt natürlich in den letzten Jahren, seitdem wir bei der SAP sind, ich habe quasi eine Doppelspitze und mein siamesischer Zwilling ist Ruven, Ruven Morato, der vor allen Dingen diesen Plug-in auch in die SAP Go-To-Market-Maschine gemanagt hat und auch weiterhin leitet. Und gerade diese Stages, wo dann deine ARA-Ziele dann mal neunstellig werden, das ist halt dann nochmal eine ganz andere Hausnummer, als irgendwie im Quartal 1, 2, 3 Millionen ARA draufzunehmen.

 

Florian Dostert:

[42:41] Als du gerade Zwillingen gesagt hast, kam mir der doofe Gedanke, mit welchem Outfit läuft der wohl heute hier rum?

 

Gero Decker:

[42:48] Gut, lustig, lustige Geschichte. Er hat eine totale Corporate-Vergangenheit, hat jetzt über 20 Jahre bei SAP gearbeitet und dann haben wir so ein internes Video gedreht und ich habe gesagt, komm, wir laufen jetzt in Gazellen-Onesies über den Campus in Waldorf. Und er hat gesagt, das mache ich nie und nimmer. Da habe ich gesagt, komm Ruven, spring über deinen Schatten. Dann haben wir beide so pinke Gazellenkostüme angezogen, sind dann da durch die Vorstandsetagen gelaufen und haben dann so Kundendelegationen von Toyota und anderen, die gucken uns da an, als wären wir vom anderen Planeten. Und dann hinterher meint, oh Gero, das hat sich schon super angefühlt, die man total frei zu drehen.

 

Florian Dostert:

[43:24] Aber man konnte euer Gesicht schon erkennen.

 

Gero Decker:

[43:26] Ja, Gesicht konnte man sehen, aber ansonsten waren wir halt eine pinke Gazelle.

 

Florian Dostert:

[43:30] Alles klar. was man so alles machen kann, wenn man eine geile Revenue Engine aufbaut. Der Marc Hohensteiner möchte ich noch ein bisschen rein. Also bis zu dem Zeitpunkt hat Marc, wenn ich es richtig gelesen habe, hat der Hybris mit aufgebaut, oder den Vertrieb dafür mit aufgebaut, wurde auch sehr gut von dem Carsten Thomar, glaube ich, an SAP verkauft. Dann war der bei SAP, meine ich.

 

Gero Decker:

[43:59] Chief Revenue Officer für CX, so ein großer Bereich der SAP.

 

Florian Dostert:

[44:04] Wie lief das Gespräch, wie hat sich das Gespräch angebahnt mit ihm und wie verlief das Gespräch, nachdem er gesagt hat, weißt du was, Gero, ich mach das, ich baue das nochmal mit dir, von dem Punkt, an dem du gerade bist, 2017, musst du nicht kommentieren, kannst du natürlich super gerne, aber ich würde mal sagen, so vielleicht 9, 10, 11 Millionen her.

 

Gero Decker:

[44:23] So in der Größenordnung nochmal, ja.

 

Florian Dostert:

[44:25] Und dann hat er gesagt, alles klar, wir bauen uns jetzt auf 50 bis 100 und ich mach das. Wie kam es?

 

Gero Decker:

[44:30] Also wir hatten zu dem Zeitpunkt unseren ersten Investor, Summit Partners. Summit, die haben natürlich einen Ruf wie Donnerhall im Markt. Das ist halt einer dieser großen, super, super erfolgreichen Investoren aus den USA. Und allein diese Brand hat natürlich wahnsinnig gezogen. So, dann hatten wir einen extrem guten Recruiter, wahrscheinlich einen der besten Recruiter, die es gibt in Europa, nächster Punkt von Credibility. Die haben ihn auch gefunden und die haben ihn gefunden aufgrund des Profils, was nicht ich definiert habe oder gebaut habe, sondern mein damaliger Chairman, das war Leo Apotheker. Leopold Ticker war ja vorher CEO von SAP und auch von Hewlett Packard und er hatte auch eine klare Idee davon, was für eine Art von Person müssen wir denn eigentlich heiern, was für ein Skillset, was für ein Hintergrund muss der haben. Und es war auch Leos Idee zu sagen, wir brauchen keinen Chief Sales Officer, sondern wir brauchen einen Go-To-Market-Executive. Jemand, der es versteht, dass Sales, dass nicht nur Sales gemacht wird, wir brauchen jemanden mit starkem Sales-Background, aber jemand, der halt auch weiterdenken kann und eine Marketing-Engine und eine Customer-Success-Engine und auch eine Services-Engine und Delivery-Engine verstehen kann und managen kann. Und diese Kombination, also ich hab da den kleinsten Beitrag geleistet das waren wirklich die Investoren, dann Leo.

 

Gero Decker:

[45:56] Mein Chairman und halt die Recruiter das waren halt die Besten der Welt wenn da dich Summit anspricht mit den besten Recruitern der Welt und dem Highest Profile Chairman, den du dir vorstellen kannst, dann weißt du halt das Ding hat Substanz und da lässt du dich jetzt nicht auf irgendeine Mokelbude ein Das war für Marc das Kriterium und er hat halt damals bei Hybris diese Phase geliebt. Von, also bei Hybris war er einer der ersten Seller, war dann Head of Sales und wie gesagt, hat dann später bei SAP noch mehr Produkte gemacht. Diese ganze Engine von paar Millionen New ARA auf über 100 Millionen New ARA. Diese Journey hat er geliebt, das aufzubauen und dort auch Dinge auszuprobieren und groß zu machen, in viele Länder zu gehen und so. Das war so sein Steckenpferd, das hat er geliebt und insofern hat der Job dann einfach super gepasst für ihn.

 

Florian Dostert:

[46:56] Wie lief das erste Gespräch von euch beiden? Also da war ein bisschen Vorspiel, hast du gerade gesagt, aber trotzdem sitzt da jemand vor dir, bei dem jetzt dein Chairman, der Leo sagt, hey, that's him. Recruiter ist auch happy. Wie läuft so ein Gespräch ab? Wo habt ihr euch getroffen? Habt ihr was gegessen? Worüber habt ihr gesprochen? Wie hiert man richtig Seniore, Stellar, Menschen, die die Automarket Engine auf ein neues Level bringen?

 

Gero Decker:

[47:20] Also wie gesagt, den Prozess geleitet hat die Recruiting Agency, der Headhunter. Wir haben uns getroffen in London und haben ganz klassisch eine Stunde, Stunde haben wir uns Zeit genommen, wo sowohl Leo drin war, dann Matthias von Summit und ich. Wir drei plus er, das war unser allererstes Meeting und wenn da jemand sitzt wie ein Leo Apotheker, und der Marc kannte ihn ja, der war ja bei SAP auch und hatte viel von Leo gehört und nicht, dass er da sitzt wie ein Schuljunge, der sich jetzt beweisen muss, aber schon so ein bisschen, das ist eher, er bewirbt sich. Und er muss jetzt auch dem Leo darstellen können, wie mache ich das denn? Wie stelle ich das denn jetzt mit so einer Company an? Ich kann jetzt nicht einfach nur hergehen und sagen, ich bin jetzt der tollste Typ auf der Erde und hey, bam, bam, bam, geht schon alles. So läuft das nicht, sondern du musst dann natürlich schon dich eindenken, was ist unsere Situation? Hätte sich von mir ein paar Informationen vorher geben lassen. Wie sieht so ein Plan aus? Das ist in 30, 60, 90 Tagen realistisch. Wie geht man da voran? Genau, und haben wir die Stunde Session gehabt und ich meine mich zu erinnern, weiß aber nicht mal genau, dass wir uns ja noch zum Dinner oder so getroffen haben. Und dann haben wir danach einfach viel telefoniert. Aber dieses initiale Meeting war schon so, es war halt so ein klassisches Bewerbungsgespräch.

 

Florian Dostert:

[48:47] Weil der Step danach, der war ja schon krass. Wir haben gerade gesagt, wir sind ungefähr bei 10 Millionen RAA Anfang 2017. Eine andere Zahl, die ich gefunden habe aus 2019 sind 29 Millionen, wann auch immer die, also 29 Millionen Umsatz und 70 Prozent Year-over-Year-Steigerung aus dem Vorjahr. Das heißt also, oder mal anders gefragt, bei dem Marc, wie lange hat das gebraucht, bis du gemerkt hast, dass das richtig gut funktioniert und auch besser als die Sachen, die ihr vorher gemacht habt, viel auch unter deiner Leitung. Wie lange gab es so eine Gewährfrist?

 

Gero Decker:

[49:24] Gewährfrist. Also ich habe ja immer viel Vertrauen in Leute und gönnen denen auch Zeit, aber dass wir die ersten Effekte gesehen haben, das hat so zwei, drei Wochen gedauert. Es ging super schnell.

 

Gero Decker:

[49:35] Superschnell, weil er hat einfach eine Operational Cadence auch reingezogen ins Unternehmen, die wir vorher nicht hatten. Also dieses Thema Opportunity Qualification, der ist dann wirklich mit den Sales Leadern und bis den Sellern durchgegangen und hat da Pipeline aussortiert und hat da den Leuten auch ordentlich in den Arsch geblasen, wenn da Leute von irgendwelchen Fantasien geträumt haben und an Opportunities einfach irgendwie zu lax rangegangen sind. Und dann hatten wir ein Problem, dass wir, wir waren zu dem Zeitpunkt schon in den USA unterwegs mit einem starken Sales Leader, David und Gerrit im deutschsprachigen Europa vor allen Dingen. Und der Ansatz war komplett unterschiedlich. Forecasting war gar nicht möglich. Wir hatten keine Cadence, wo wir dieses ständige Besprechen der Sales Pipeline gemacht hätten. Das hat jeder so ein bisschen so gemacht, wie er wollte. Mark hat dann in Woche zwei, wo er da war, hat er wöchentliche Forecast-Calls eingezogen. Jede Woche.

 

Gero Decker:

[50:36] Jede Woche wird die Pipeline durchgegangen. Jede Woche werden Top-Deals besprochen. Jede Woche wird auf die Finger geklopft, warum da kein Progress stattgefunden hat. Jede Woche wird besprochen, wo die Priorität gerade drauf liegt. Das hat er als allererstes eingezogen. Und ein zweiter Schritt, den wir dann gemacht haben, war genau dieses Thema Enablement. Wir haben halt gesehen, dass die Leute auf sehr unterschiedlichem Stand waren. Die Kollegen, die in Deutschland schon lange dabei waren, die hatten super tiefes Domänenwissen, konnten sehr gut diesen Consultative Sale machen.

 

Gero Decker:

[51:06] Während in Amerika, die waren alle super shallow und konnten halt so die ersten fünf Sätze gerade aussagen und haben dann schnell Kollegen reingeholt, um in die Tiefe einzusteigen. Dann haben wir gesagt, wir brauchen Bootcamps. Dann haben wir, da war ein Quartal, glaube ich, ungefähr da, haben wir das erste Bootcamp dann veranstaltet. Fünf Tage Sales Methodology, Product, Value Proposition, aber auch Tools und alles.

 

Gero Decker:

[51:35] Und das war ein riesen Step up, weil das hat uns auch gezwungen, ein wiederholbares Playbook zu bauen zum ersten Mal, Mit, hier sind die Recommended Collaterals to be used, hier sind die Pfade einmal ausdefiniert, hier sind die, erst gehe ich zur Persona 1, dann gehe ich zur Persona 2. Das war vorher alles nicht so klar definiert, aber in dem Moment, wo du so ein Bootcamp baust, wo du 20, 30 Leute, also wir haben dann, es war ein Go-To-Market-Bootcamp, wo dann 3, 4 Tage waren quasi gleich für alle Go-To-Market-Kollegen und dann waren irgendwie 1, 2 Tage je nach Rolle. Und das zwingt dich halt, so ein Playbook für dich selbst entwickelt zu haben, weil sonst, it's a waste of time, wenn du die Leute dort einfliegst für eine Woche und so ein Bootcamp schickst und denen nur Labarabarba gibst. Und das waren so diese Schritte, Urgency reinzubekommen, Cadence reinzubekommen, Consistency reinzubekommen. Das hat uns ermöglicht, um dann relativ schnell auch eine aggressive Internationalisierung zu machen. Markus ist unglaublich leicht gefallen, dann zu sagen, okay UK, wie sieht es aus? Woche 1, Woche 2, Woche 3, Woche 4, was für Leute müssen wir heilen, was machen wir zuerst, was machen wir als zweites? Wie viel Autonomie geben wir, wo ziehen wir die Zügel an? Das konnte er halt total aus dem FF.

 

Florian Dostert:

[53:02] Krass, weil am Anfang habt ihr ja eher opportunistisch internationalisiert. Also ich habe da noch der eine Mitarbeitende, der gesagt hat, ich möchte was in Singapur aufbauen und du sagst. Perfekt, wollten wir auch gerade machen. Durch Mark wurde die ganze Go-To-Market-Engine planbarer, rechenbarer, skalierbarer und dadurch habt ihr dann auch den Schritt von den ersten 10 auf die 50 Millionen deutlich schneller geschafft, als eigentlich die ersten 10 gebaut wurden, richtig?

 

Gero Decker:

[53:28] Absolut. Auch zahlengetrieben. Wir hatten dann auf einmal unsere Metric-Dashboards über komplett Go-To-Market hinweg. Dann gab es sozusagen so einen One-Pager. Das war so eine Tabelle, einmal sortiert nach Region. Wir hatten dann vier Regionen. Also MEE, das war deutschsprachig plus Osteuropa, Rest of EMEA, das war vor allen Dingen UK und France und ein bisschen Skandinavien, dann North America und dann Asia Pacific. Das waren die vier Regionen, die wir hatten und dann gab es, ich glaube, so 15 KPIs oder so, die wir dann getrackt haben über GoToMarket hinweg.

 

Florian Dostert:

[54:09] In allen Regionen?

 

Gero Decker:

[54:11] In allen Regionen, genau. Und dieses Tableau haben wir uns dann immer alle gemeinsam regelmäßig angeguckt.

 

Florian Dostert:

[54:17] Hast du das Tableau vielleicht im Nachhinein nochmal, dass wir das irgendwo anhängen können? Nicht mit Zahlen gefüllt, sondern einfach nur, was waren die 15 KPIs, die ihr euch angeguckt habt?

 

Gero Decker:

[54:24] Könnte ich mal ausgraben, ja.

 

Florian Dostert:

[54:25] Bombe. Cool, weil ich würde nämlich so ein bisschen aufs Ende schielen, denn ich glaube so um Viertel nach zehn fängt das Bierkarussell unten an sich zu drehen und da würde man uns vermissen, glaube ich. Deine Rollen...

 

Gero Decker:

[54:38] Jetzt kommen wir hier total rüber wie die letzten Alkis.

 

Florian Dostert:

[54:41] Ich habe schon gesagt, also meiner Mutter werde ich diesen Podcast auf gar keinen Fall zeigen. Die fragt sich wirklich, was los ist. Deine Rollen im Go-To-Market. Du bist ja schon, also ich spreche dir jetzt mal zu, dass du dich schon ein bisschen in Sales verguckt hast von einem Engineer, der ja... Schon sehr dafür gebrannt hat und da auch Spaß dran hatte. Die Rolle war wahrscheinlich bis eine Million EAA. Nehme ich dir jetzt vorweg, du warst der beste Seller bei euch, du hast am meisten Pipeline gebaut und vor allem am meisten geclosed. Auf dem Weg zu zehn Millionen EAA vor Mark. Welche Rolle hattest du da in eurer Go-To-Market-Engine? Und vor allem, was hast du auch ganz bewusst nicht getan?

 

Gero Decker:

[55:26] Also ich habe keine Accounts mehr selber gemanagt.

 

Florian Dostert:

[55:29] Ab einer Million schon nicht?

 

Gero Decker:

[55:31] So roundabout. Also es gibt dann vielleicht so ein, zwei Sonderdeals, wo wir eine Ausnahme gemacht haben. Also zum Beispiel SAP als Kunde. Das war so unser erster Deal, wo wir über eine halbe Million ARA rausgeschossen sind. Das habe ich zusammen mit Torben noch selbst gemacht. Aber alles andere, da habe ich keine Account-Ownerschaft mehr gehabt, sondern ich war nur noch mit dabei. Und jetzt wird es spannend, weil Torben und ich haben uns, also Torben war Mitgründer, Co-CEO und wir haben das so aufgeteilt, ich war eher in den Frühphasen der Opportunities mit dabei, so ein bisschen creating appetite, talking about the art of the possible, Dinge sozusagen so in den richtigen, in die richtige Richtung zu lenken. Und Torben war eher beim Closing dabei. Das war dann der harte Hund, der den Kunden vorgerechnet hat, dass die da den besten Deal ihres Lebens machen und dass wir da keinen Cent mehr Rabatt geben können, weil sonst fällt das in sich zusammen. Das hat er sehr glaubhaft immer darstellen können. Und der war dann harter Hund und hat geholfen, den Kunden über die Ziellinie zu heben. Das war weniger meins, sondern meins war vorne quasi die leuchtenden Augen kreieren.

 

Florian Dostert:

[56:49] Stark. War das dann der gleiche AE, der auf diesem Deal oder der gleiche Seller zu der Zeit noch, der auf diesem Deal gearbeitet hat und euch dann unterschiedlich gespielt hat?

 

Gero Decker:

[56:59] Genau.

 

Florian Dostert:

[56:59] Ja, also der hat euch positioniert, der hatte Verfügung über euren Kalender und konnte euch sagen, hier brauche ich den, der die schönen Augen macht und hier brauche ich den harten Hund, der das Ding zumacht mit mir.

 

Gero Decker:

[57:08] Genau, genau. Also wir waren natürlich nicht bei jedem Deal dabei, klar, aber bei den bei den Größeren waren wir schon involviert.

 

Florian Dostert:

[57:14] Cool, habe ich so noch nie gehört und glaube ich ist für den einen oder anderen da draußen sehr wertstiftend. Und die Phase danach mit Marc, was warst du da für die Go-to-Market-Organisation?

 

Gero Decker:

[57:27] Immer noch das Gleiche, immer noch das Gleiche. Also ich war immer noch präsent bei vielen Kundenterminen. Mir hat das auch Spaß gemacht. Also ich bin zum Beispiel einmal im Monat bin ich in die USA geflogen. Immer Montagmorgen erstmal rüber zur Westküste da konnte man dann um 13, 14 Uhr kannst du den ersten Termin in L.A. Oder San Francisco machen oder sonst irgendwo, Seattle oder wo und dann habe ich mich die Woche zurückgerobbt auf die Ostküste.

 

Gero Decker:

[58:00] Und das sind immer schön die Wochen, wo du dann zwei Red Eye Flights, zwei Übernachtflüge dann in einer Woche hast. Und da habe ich dann pro Tag halt so viele Kunden getroffen, wie man halt dann, wie es lokal halt hergegeben hat. Irgendwie Montag, Dienstag Westküste, Mittwoch, Houston, Chicago, was auch immer und dann Donnerstag, Freitag, New York, Boston, Atlanta, wo auch immer. Und da habe ich Kunden getroffen und war da voll mit dabei. Was war sonst meine Rolle? Ich habe viel im Marketing mitgewerkelt, Narrative bauen. Ich habe viel Spaß gehabt, auch wenn wir so neue Storys entwickelt haben, auch dann so diese Sales Pitch Decks zu bauen mit und die dann auch selber zu verproben. Und da gemeinsam mit den Zellern rauszugehen und mal zu gucken, was bleibt hängen, was bleibt nicht hängen. Da war ich immer noch viel involviert.

 

Florian Dostert:

[58:59] Ist ja auch vorher deine Rolle gewesen, das ist das Gleiche wie mit den schönen Augen eigentlich, nur weniger, nicht im 1 zu 1, sondern eher im 1 zu N, oder? Oder 1 zu X. Okay.

 

Gero Decker:

[59:10] Und Marc war halt vor allen Dingen der Architekt hinten runter und der Architekt und Bauleiter. Sichergestellt hat, dass alle pünktlich zur Arbeit kommen und die Fenster richtig einbauen.

 

Florian Dostert:

[59:25] Klingt auch ein bisschen nach dem harten Hund, dann aber vielleicht intern.

 

Gero Decker:

[59:29] Der hat sichergestellt, dass die Leute ihren Job machen. Es gab so spannende Sprüche wie If you don't start using CRM the right way, I will fire you. Da waren ihm so ein paar Dinge einfach wichtig. Dann haben die Leute gesagt, Marc, wieso willst du denn, dass ich das CRM richtig pflege. Ich dachte, du willst, dass ich Deals close. Und dann war seine Rede, du wirst keine Deals closen, wenn du noch nicht mal das CRM richtig pflegen kannst.

 

Florian Dostert:

[59:57] Ich finde es gut. Ich glaube, den kopiere ich. Das finde ich sehr geil, den Spruch.

 

Florian Dostert:

[1:00:04] Okay, wenn es das nicht ist, was ist der eine Tipp, dem du jemandem, der was ähnliches bauen möchte wie du oder ähnlich erfolgreich wie du geben möchtest, den du auch gerne hättest früher gelernt und den dir hätte jemand geben sollen mit Ende 20, Anfang 30, als du gestartet bist? Gerade was das Thema Go-to-Market-Engine-Aufbauen angeht, was ist die eine Sache, die du so spät gelernt hast, dass sie heute noch wehtut?

 

Gero Decker:

[1:00:32] Och, ich meine, wir haben ja so viel Glück gehabt, ja, also irgendwie es fällt mir schwer zu sagen, Dinge waren schlecht oder man hätte die jetzt fundamental anders machen müssen, also dieses ganze Thema Opportunity Qualification, das ist halt eine Kerndisziplin und darum um auch ein operatives Modell zu bauen im Unternehmen. Mit Account Reviews, mit Übergabepunkten. Also Beispiel, du kriegst erst einen Pre-Seller zugewiesen, wenn du eine gewisse Minimum Qualifikation eines Deals gemacht hast. Weil sonst verbrennen wir Ressourcen. Oder du kriegst erst Legal Support, wenn ein Deal in einem bestimmten Zustand ist. Dadurch treibst du dieses Thema Opportunity Qualification Qualification halt wahnsinnig in die Organisation rein und baust Checks und Balances in die Organisation, dass sich die Leute gegenseitig über die Schulter gucken. Und damit vereinfachst du halt wahnsinnig viel, auch hinter Sales-to-Post-Sales-Übergaben und sowas. Das sind ja dann die Punkte, wo man dann hinterher richtig leidet, wenn man das nicht richtig macht. Und Opportunity Qualification ist immer der Startpunkt von all dem.

 

Florian Dostert:

[1:01:46] Cool, that's a word. Danke für deine Zeit.

 

Gero Decker:

[1:01:49] Danke dir.